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Donnerstag, 22. August 2019, 13:15

30 Jahre "Ohne Maske" (VÖ 21.08.1989)

Album Facts

12 engagierte, zum Nachdenken und Schmunzeln bestimmte Lieder stehen für Udo Jürgens' neuestes Album „Ohne Maske", das der bekannteste deutsche Komponist, Sänger und Interpret in vorerst 46 Konzert zwischen dem 26. Oktober und dem 17. Dezember 1989 seinem Publikum live präsentieren wird. Bei der aktuellen LP „Ohne Maske" fällt sofort die Transparenz und das moderne Arrangement der Produktion auf. Die Zusammenarbeit mit Co-Produzent Peter Wagner sowie Keyboarder und Soundtüftler Franz Bartzsch haben unüberhörbare, poppige Spuren hinterlassen. Gleichzeitig besteht kein Zweifel darüber, daß Udo Jürgens gerade durch die letzten Jahre seines in jeder Hinsicht bewegten Lebens in der Aussage seiner Texte nachdenklicher, abgeklärter geworden ist. Dem neutralen Zuhörer wird auf Anhieb die Homogenität des Albums auffallen. Dies, obwohl Udo alle Register seines vielseitigen kompositorischen Könnens gezogen hat. Umso schwerer fällt es, die Favoriten beim Namen zu nennen. Der für Udo vielleicht ungewöhnlichste Titel dürfte „Wie im Himmel so auf Erden" sein, der musikalisch sehr modern angelegt ist, - er wird auch als Single ausgekoppelt. Mit dem jungen Medizinstudenten Uli Heuel aus Köln hat Udo erneut auch einen Nachwuchs-texter herangezogen. Heuel konnte den Text zur Ballade „Womit hab ich Dich verdient" beisteuern - einer von Udo's erklärten Lieblingssongs auf der neuen LP.

Auch Begegnungen mit anderen Künstlern haben Udo beeinflußt. Als Tribut an Namensvetter Lindenberg ist die Cover-Version von „Ich lieb Dich überhaupt nicht mehr" gedacht. „Ohne Lindenberg", so Udo Jürgens, „wäre der Durchbruch für eine ganze Reihe deutschsprachiger Pop-Interpreten gar nicht erst möglich gewesen." Ein Gespräch mit Harry Belafonte schließlich hat sich im musikalischen Plädoyer für die Freiheit der Gedanken im Titel „Sänger in Ketten" niedergeschlagen. Weitere Anspieltips: „Adler sterben", „Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient", das latinhafte „Diamanten" und das swingende „In den Armen der Nacht", wo ein stimmungsvolles Bar Jazz-Trio einen Moment lang Erinnerungen an vergangene Jazz-Zeiten wach werden läßt. „Es ist nicht mehr nötig, im Schaffen von Udo Jürgens Zwischenbilanzen zu ziehen, denn dieses Album ist schlicht die Bilanz seiner bisherigen Arbeit", meinte BMG-Chef Monti Lüftner nach der Vorpremiere der neuen Platte begeistert. „In den 30 Jahren seines Wirkens hat sich Udo Jürgens einen unverkennbaren musikalischen Stil geschaffen, der ihm endgültig einen Platz in der kleinen Garde großer Unterhaltungskünstler unserer Tage sichert.


Die Maske

Die Maske ist eines der ältesten Symbole menschlicher Kultur. Masken finden sich überall: in allen Erdteilen, in allen Religionen, in allen Kulturen. Sich zu maskieren scheint ein Zeichen für höhere Intelligenz, für die dritte Dimension des Denkens zu sein, denn mir ist kein anderes Lebewesen als der Mensch bekannt, welches - wenn auch nur zeitweise - mit seinem eigenen Ich nicht mehr weiterkommt und jemand anderes sein möchte. Diesen Drang haben die Menschen seit jeher mit Maskieren zu verarbeiten versucht. Mit Göttermasken, Totenmasken, Häuptlingsmasken, Tier- oder Fruchtbarkeitsmasken. Erst mit den Jahrhunderten und Jahrtausenden bekamen viele Masken eine konkrete praktische, ja fast alltägliche Bedeutung: in der Antike schminkte man sich im Orient mit natürlichen Essenzen, um Insekten vom Gesicht fernzuhalten. Im Mittelalter trugen kühne Ritter eiserne Masken am Turnier, um sich das Augenlicht zu bewahren. Die meisten venezianischen Karnevalsmasken entstanden aus dem Versuch, mit der häufig wiederkehrenden Tragödie der Pest fertig zu werden. Und in unserem von unendlichen „Errungenschaften“ gekrönten Jahrhundert trug man schon vielerorts Gasmasken, um zu überleben.
Das Symbol der Maske allein ist schon ein doppelt sinniges; es kann sowohl gut als auch böse sein. Eben diese Doppelblödigkeit hat mich in den vergangenen Monaten besonders fasziniert und dazu inspiriert, dass Lied „Masken, Masken“ zu schreiben, welches vielleicht ein Versuch ist, mir selbst und anderen etwas hinter die Maske zu blicken: deshalb „Ohne Maske“.


Interview

Udo Jürgens, haben Sie sich als Kind gerne maskiert?
U.J.: „Nein. Ich habe mich eigentlich nie gerne maskiert, außer mit jener Maske, die sich
jedermann zum Selbstschutz zulegt, um durchs Leben zu kommen. Auch für Maskenbälle oder Kostümfeste habe ich mich ungern maskiert. Das hat mir eher Unbehagen bereitet
als daß Ich darin Irgendeine Befriedigung gefunden hätte. Ich habe in der Maskierung nie das gefunden, was andere darin suchen: die Freiheit, die sogenannte Narrenfreiheit
Deshalb bin ich solchen Dingen bis heute ziemlich aus dem Weg gegangen."

Auch in der Kosmetik werden Masken verwendet.
Was halten Sie von Männerkosmetik oder gar von Männern, die sich schminken?
U.J.: „Von Männerkosmetik, die zur Pflege der Haut dient, halte ich sehr viel.
Ein geschminkter Mann jedoch wirkt auf mich eher läppisch als glaubhaft. Aber wir leben ja heute in der Zeit der Gleichberechtigung, wo jedermann das halten kann, wie er will. Ich persönlich schminke mich nicht einmal, wenn ich auf die Bühne gehe."

Was halten Sie von einem Maskierungs— und Vermummungsverbot bei Demonstrationen?
U.J.: „Es wundert mich, daß darüber immer noch soviel diskutiert wird. Wir leben ja in einer Gesellschaft mit Meinungsfreiheit. Deshalb kann jeder, der im Rahmen der
gesetzlichen Spielregeln gegen etwas demonstriert, auch sein Gesicht zeigen. Wer aber kein Rückgrat hat, der hat auch kein Gesicht, welches er zeigen kann."

Glauben Sie, daß Status-Symbole auch eine Form der Maske sind?
U.J.: „Bestimmt, und ich gebe auch gerne zu, daß sie auf mich eine große Faszination ausüben. Aber stärker als den Faktor „Maske“ sehe ich darin den Faktor „Spieltrieb“, das Kind im Manne. Ein Mann bleibt ein Leben lang ein Kind, nur das Spielzeug wird teurer. Aus Spielzeugautos werden im Extremfall ausgewachsene RolIs-Royces und Ferraris, aus ferngesteuerten Modellflugzeugen Privatjets."

Welche Rolle spielen Ihrer Ansicht nach Masken in der heutigen Politik?
U.J.: „Politik und Masken gehen Hand in Hand. Wirklich furchtbar wird es, wenn es die hinterhältigen Masken der Heuchelei sind."

Gibt es Masken, vor denen Sie Angst haben?
U.J.: „Ja. Als Kind habe ich vor Fratzen-Masken, wie sie in unseren Alpenländern vorkommen, große Angst gehabt. Deshalb kann Ich diesen Masken bis zum heutigen Tag nichts Positives abgewinnen. Kinder haben ein immenses Vorstellungsvermögen. Um so schlimmer ist es, daß Masken wie der Teufel bis in unsere Tage ein Erziehungsmittel sind, mit denen unauslöschbare Eindrücke in die sensible Kinderseele geprägt werden. Aus eigenen Erinnerungen heraus habe ich meine Kinder stets vor solchem Humbug bewahrt."

Gibt es Masken, die Ihnen besonders gefallen?
U.J.: „Ja, die venezianischen Karnevalsmasken. Die haben so einen kühlen, edlen Stolz, sind so unnahbar starr und doch so bewegt, daß sie unheimlich viel Raum zur Interpretation lassen und die Phantasie anregen. Ich frage mich, wer, was, welches Schicksal mag wohl hinter dieser Maske sein?"

Glauben Sie, daß es Masken gibt, die bestimmte Epochen symbolisieren?
U.J.: „Ja Ich glaube jede Zeitepoche hat die Masken, die sie verdient. Um so tragischer
ist es daß die typische Maske unseres Jahrhunderts wohl die Gasmaske ist. Stellvertretend
für alle Katastrophen, zu denen wir es haben kommen lassen.“