Pressestimmen:
Vor einem Monat wurde Udo Jürgens 80. Jetzt ist der Sänger wieder auf Tour. Beim Vorkonzert im Festspielhaus in Baden-Baden am Dienstagabend war das Publikum hingerissen.
Das Festspielhaus ist ausverkauft. Enttäuschte Gesichter vor dem Eingang bei denen, die vergeblich nach Restkarten fragen. Drinnen herrscht erwartungsvolle Stimmung. Das Publikum ist bunt gemischt. Viele sind das erste Mal in dem imposanten Gebäude. Andere haben zumindest ihn hier schon einmal gesehen: Udo Jürgens.
Seinen 80. Geburtstag hat er gerade gefeiert. Und doch findet er sich »Mitten im Leben«. So zumindest umschreibt er seine Bühnentour, die morgen, Freitag, in Stuttgart startet. Baden-Baden ist eines seiner vier Vorkonzerte, ganze 22 werden folgen und damit die Frage: Wie macht er das bloß?
Dann der Auftritt. Zuerst das Orchester. Pepe Lienhard und mit ihm eine Auswahl der besten Musiker und Solisten aus der ganzen Welt. Der schwarzglänzende Flügel im Mittelpunkt. Noch steht er verlassen. Doch dann kommt er. Udo Jürgens. 2300 Augenpaare sind auf ihn gerichtet, als er mit saloppen Schritten die Bühne betritt. Das Publikum steht auf, begrüßt ihn respekt- und erwartungsvoll. Das Orchester hebt an und ein Abend der Superlative beginnt.
Leise und angenehm. Udo hält Smalltalk, erzählt über Baden-Baden, seine Erinnerungen an die Stadt und überhaupt. Erinnerungen an ein langes Musikerleben, das erfolgreich hinter ihm liegt und von dem er sich noch nicht so schnell verabschieden möchte. Warum auch, das Publikum liegt ihm zu Füßen und er hat ihm noch viel zu erzählen. »Ich weiß, dass ihr die alten Lieder hören wollt…« – doch damit ließ er auf sich warten. Nicht schlimm, denn das, was er dabei hatte, geht weit über die alten Damen und ihre Sahneschnittchen, den 66-Jahre-Klassiker oder seinen musikalischen Liebeshauch »Merci Chérie« hinaus.
Mahner ohne Zeigefinger
Udo Jürgens tritt als Mahner auf, ohne den Zeigefinger zu heben, als kritischer Beobachter und gutmeinender Ratgeber für die, die nach ihm kommen. Er besingt den gläsernen Menschen, »gefangen im Netz, ohne Recht und Gesetz«. Er appelliert in »Alles aus Liebe«: »… lass der Jugend den Spaß und den Hunger nach Glück, lass den Alten die Würde oder gib sie ihnen zurück!« und ermuntert in »Mein Ziel«: »Stell doch die Welt und dich selbst auf den Kopf. Warum soll dich das Neue erschrecken? Versuch dreimal täglich Kolumbus zu sein. Es gibt noch so viel zu entdecken!« Udo begeistert und mit ihm seine Band, mitreißend, stilsicher und absolut glamourös.
Und dann kommen sie, die alten Lieder, und wie auf Knopfdruck springen die Fans nach vorne, umlagern den smarten großen Mann in dem feinen Anzug mit dem rotseidenem Einstecktuch. »Ich spiel sie ja auch gerne!« lacht er und eröffnet ein Medley von »Anouschka« bis »Liebe ohne Leiden«, vom malenden Bruder bis zur Sonne, die immer wieder aufgeht. Udo Jürgens bleibt souverän, verliert nicht an Stimme, nicht an Charme. Und nicht an Mut, Mut, dem Alter zu begegnen, singend, swingend, gar dirigierend bei einer außergewöhnlichen Symphonie. Udo Jürgens ist »Mitten im Leben« angekommen, und er hat ein Ziel: »Mein Ziel kann nur Freiheit und Liebe sein!«
Die Zugaben? Sie fehlten nicht. Der legendäre weiße Bademantel? Auch nicht. Das Echo auf ein außergewöhnliches Konzert ebenso wenig. Es zeigte sich in langanhaltendem stehenden Applaus und großem Respekt vor einer Leistung, die nur eines verdient:
Chapeau und Merci!
Quelle: bo.de