Hallo Katrin,
die Webseite, unter der wir hier im Forum diskutieren, heißt „udofan.de“. Nach meiner Auffassung war von Anfang an (neben anderen Aspekten wie die Erstellung einer Discographie) Idee dieser Seite, sich von Fan zu Fan kontrovers auszutauschen, was meines Erachtens im Großen und Ganzen nach wie vor ganz gut funktioniert. Deinem Dankeschön an die Macher dieser Seite kann ich mich nur anschließen – nur ihrem Engagement ist zu verdanken, dass dieser Gedankenaustausch überhaupt erst möglich gemacht wurde.
Wer es „anstrengend“ findet, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen oder eigene Auffassungen zu überdenken, hat aus meiner Sicht genug Ausweichmöglichkeiten – es gibt mehr als genug Gelegenheiten, im Internet als Claqueur aufzutreten und alles toll zu finden. Das ist weder anstrengend, noch führt das zu Streitigkeiten oder gar „Kleinkriegen“, noch muss man sich den Vorwurf der Selbstdarstellung gefallen lassen. – Ich finde es auch gar nicht schlimm, wenn die überwältigende Mehrheit der Fans diesen Weg des geringen Widerstands lieber geht, als sich mit dem hier bisweilen herrschenden „Gegenwind“ zu quälen. Wer immer nur will, dass sich alle lieb haben und keiner kritische Töne anschlagen darf, ist nach meiner persönlichen Sicht hier falsch.
Vielleicht ist ein Grund, warum hier (erstaunlicherweise) überwiegend Männer schreiben, darin zu suchen, dass Frauen ein größeres Harmoniebedürfnis haben als Männer und sich darum lieber etwas zurückhalten. Und manchmal (vielleicht sogar oft) ist das vielleicht sogar zielführender, sagt mir meine Lebenserfahrung – manchmal (bzw. oft), aber eben nicht immer und nur bis zu einem gewissen Grad…. – sei’s drum…
Thema „Kleinkrieg“: Das sehe ich nicht so. Gut, es gibt einen Punkt, in dem eine überwältigende Mehrheit der Fans einer Meinung ist und diese hier auch teilweise sogar unverblümt ausgesprochen hat. Jeder weiß, was ich meine, aber keiner traut sich mehr etwas dazu zu schreiben, weil es ohnehin nichts als Ärger bringt und diesbezüglich scheinbar Gleichgültigkeit eingetreten ist – unter dem Motto: „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht zu ändern ist“. Bezüglich dieses uns allen bekannten Aspekts traf Dein Vorwurf teilweise zu. – Aber das gehört der Vergangenheit an – inzwischen wissen wir alle, dass manche Dinge zwar einfach nach wie vor schlimm sind, aber rationale Argumente an dieser Stelle nicht weiterhelfen – leider –. Was das Verhältnis der Fans untereinander angeht, sehe ich hier keinen Kleinkrieg – im Gegenteil: Es wird sachlich diskutiert – und nach meinem Eindruck werden auch andere Meinungen akzeptiert.
Thema „Selbstdarstellung“ – ich gebe selbstkritisch zu, dass dieser Aspekt vermutlich bei mir persönlich eine Rolle spielt – ja. Andrerseits: Wer keinen Drang zur Selbstdarstellung hat, schreibt hier gar nicht – ich denke, jeder einzelne Beitrag dient nicht zuletzt auch der Selbstdarstellung, was ich in Ordnung finde, solange die sachliche Argumentation höher zu gewichten ist als die Profilneurose. Außerdem steht ja vor jedem Beitrag der Name dessen, der ihn verfasst hat. Wer also meint, dass meine Beiträge (oder die von Herrn X oder Frau Y) nur der Selbstdarstellung dienen, muss sie nicht lesen – das ist doch eine einfache Lösung. So lange es zum Beispiel das offizielle Forum gab, habe ich meistens Beiträge, die mit „heil“ überschrieben wurden, nicht mehr gelesen – stand „tomtom“ drüber, habe ich hingegen mir gerne angesehen, was er zu sagen hatte.
„Vorschrift an Künstler, was er zu tun hat“ – hier kann ich ehrlich gesagt nicht folgen. Habe ich was überlesen? Ich kann mich an keinen einzigen Beitrag erinnern, in dem Udo irgendwelche „Vorschriften“ gemacht wurden. Wenn Du die „Anregungen“ meinst (z. B. Konzertprogramm), bin ich zwiegespalten:
Einerseits finde ich auch, dass wir vielleicht hier zu sehr unsere eigenen Wünsche und Träume bedenken und zu wenig anerkennen, dass dramaturgische, technische und sonstige Überlegungen beim Zusammenstellen eines Programms eine Rolle spielen… - „Verlangt Ihr nicht zu viel?“, muss ich mich da wohl selber fragen.
Andrerseits: Zu Deiner Frage, was ich davon halte, wenn mir jemand mir sagen würde, was ich tun sollte: Da halte ich viel von. Ich war erst vor ein paar Wochen bei einem bundesweiten Forum – und wie immer stellte sich heraus, dass der übergreifende Gedankenaustausch unter Kollegen enorm hilfreich und produktiv ist. Ob (z. B. in meinem beruflichen Umfeld) ein Vermögensberater, ein Revisor oder „Compliance-Beauftragter“ unbedingt Ahnung von meinem eigentlichen Aufgabengebiet hat, ist dabei erst mal nebensächlich: Wenn er gute Anregungen gibt, bin ich da immer für zu haben. – Dass solche Diskussionen bisweilen „anstrengend“ sind, will ich nicht verhehlen – aber das Ergebnis rechtfertigt aus meiner subjektiven Sicht die Anstrengung. Udos Musik und seine textlichen Inhalte („ich bin dafür, dass wir als Menschen leben und nicht als stummes, braves Herdentier“) haben mich in dieser Meinung bestärkt, dass konstruktive Diskussionen mehr bringen als Angst vor Streitigkeiten und die Eigenschaft, das Fähnlein immer nach dem Wind zu hängen.
Um noch mal auf den Eingang zurückzukommen: Korrigiert mich, wenn ich falsch liege – aber die Idee dieses Forums ist der Gedankenaustausch unter uns Fans. Bis vor wenigen Wochen konnte keiner von uns annehmen, dass Udo Jürgens diesen unseren Gedankenaustausch (teilweise?) verfolgt. Da er uns aber die große Ehre erwiesen hat, sich hier selber zu äußern, gibt es für ihn aus meiner subjektiven Sicht folgende Möglichkeiten (nein, liebe Katrin, das ist keine Vorschrift, sondern einfach meine persönliche Analyse, die ich anderen Fans zur Diskussion geben möchte):
- Er liest hier nicht (mehr?) mit. – Das hat für ihn den Vorteil, dass er sich nicht bevormundet fühlen muss und er sich über unangemessene und vielleicht sogar falsche Kritik nicht ärgern muss. Nachteil: Sehr interessante Anregungen und konstruktive Diskussionen seine Musik betreffend entgehen ihm (- ich würde das als Nachteil sehen – angesichts seines Terminkalenders ist dieser Aspekt für ihn vielleicht zu vernachlässigen).
- Er liest hier mit, beteiligt sich aber nicht aktiv an der Diskussion. Vorteil: Er bekommt mit, was an der Basis der Subkultur thematisiert wird. Nachteil: Er muss sich ärgern über „idiotische“ Fans, die Dinge schreiben, die falsch sind oder nicht seiner Meinung oder seinen Vorstellungen entsprechen.
- Er liest mit und beteiligt sich aktiv an unserer Diskussion. Vorteil: Missverständnisse können im Keim erstickt werden (z. B. die Frage, wer behauptet hat, er habe bei „Wetten, dass“ nicht live gesungen), es gäbe eine konstruktive Diskussion, bei der vielleicht sogar die Selbstdarsteller hier (wie gesagt, ich nehme mich da explizit nicht aus) mit Argumenten erschlagen werden würden. Nachteil: Das wäre natürlich die anstrengendste Variante, wäre aber bei Künstlern seines Standings etwas wie eine Revolution, wie ich finde. Ich frage mich aber: „Verlang ich nicht zuviel?“ – Antwort: Ja, das ist wohl einfach zu viel verlangt – wir freuen uns ja alle, dass Udo derart viele Projekte nach wie vor verfolgt – wer so kreativ tätig ist, dem wird es in der Tat schlicht an Zeit fehlen, hier und da in „unserem“ Forum zu schreiben.
Bis vor wenigen Wochen haben wir unsere Beiträge nur unter dem Aspekt geschrieben, uns untereinander auszutauschen (- das war angesichts Udo Jürgens‘ Äußerungen zum Thema „Internet“ jedenfalls zumindest meine Sicht der Dinge). Es lässt sich für meine Begriffe nicht leugnen, dass seit Udo Jürgens‘ Meldung hier in diesem Forum irgendwie immer der Hintergedanke lautet: „Was ist, wenn er das jetzt liest?“ – ich versuche, diese Überlegung weitestgehend auszublenden, bin mir aber ehrlich gesagt selbst nicht sicher, ob mir das gelingt. Ich weiß aber auch nicht, ob dieser Thread so entstanden wäre, wenn dieser „Hintergedanke“ nicht auch eine Rolle spielen würde – diese kritische Überlegung sei mir hoffentlich gestattet… (auch wenn ich mir diese Kritik natürlich selber gefallen lassen müsste).
Wie dem auch sei –ich fände es toll, wenn Udo sich punktuell für die dritte Variante entscheiden würde. Es geht nicht darum, dass er sich zu jedem Thema äußert, das hier diskutiert wird (z. B. Duett mit Helene Fischer, Live-in-Japan-CD, Charts-Notierungen usw.) – aber manchmal wäre seine Sicht der Dinge sehr hilfreich und interessant, um sich eine Meinung bilden zu können (konkret meine ich das Thema „Udo Jürgens und Facebook“ – ich denke, vielleicht wäre unsere Diskussion gar nicht so ausgeufert, wenn wir die genauen Hintergründe des „Futurezone“-Interviews gekannt hätten).
Außerdem wäre es ungemein interessant, zu wissen, welche Themen Udo Jürgens selber „priorisiert“ – dass er sich zum Beispiel zum Thema „Wetten, dass-Auftritt“ gemeldet hat, hätte ich nicht erwartet. Sein Hinweis, dass ein guter TV-Sound höher zu bewerten ist als der unbedingte Wille, „live“ zu singen, war mir zum Beispiel neu – und half mir, zumindest ein gewisses Verständnis für Playback-Auftritte zu entwickeln.
Abschließend wie immer mein gebetsmühlenartig vorgetragener Aspekt, dass es uns doch allen hier darum geht, dass das Lebenswerk Udo Jürgens‘ nicht nur bei Preisverleihungen mit Würde geachtet wird, sondern dass die Musik, mit der er uns seit Jahrzehnten so unendlich viel gibt, die Anerkennung findet, die ihr mehr als zusteht: „….wo auch Kritik aus Liebe kommt…“
Mist – jetzt ist es doch wieder aus mir herausgesprudelt
Viele Grüße an alle Subkulturer – egal, ob sie meiner Meinung sind oder nicht, sendet
Stephan