Hi!
Hier mal eine große Fortsetzungsreportage über Udo und Panja Jürgens, die vor rund 30 Jahren in der "BILD am SONNTAG" erschien.
Neben dem üblichen Klatsch und Tratsch kommen dort aber auch viele wichtige Fakten und interessante Dinge zum Vorschein, insbesondere dann, wenn man auch mal zwischen den Zeilen liest.
Deshalb möchte ich euch diese Serie, die 1979 von Harald Heinzinger aufgezeichnet wurde, nicht vorenthalten.
TEIL 1
UDO JÜRGENS:
"SCHEIDUNG? - NUR, WENN PANJA EIN KIND WILL"
Udo Jürgens kommt von einer anstrengenden Reise zurück. Panja begrüßt ihn voller Wiedersehensfreude
Udo hat die Idee für ein neues Lied im Gepäck. Abends setzt er sich ans Klavier und spielt es Panja vor
Wenn der Papi Zeit hat, spielt er gerne mit seinen Kindern: hier mit Tochter Jenny beim Backgammon
Panja Jürgens in ihrem kuscheligen Schlafzimmer: umgeben von Puppen und den Katzen "Frau Müller" und "Meier"
Für ein gutes Essen nimmt sich das prominente Paar immer viel Zeit. Und dabei wird oft stundenlang geklönt
Ein Bild mit Seltenheitswert - Udo Jürgens im Kreise seiner Lieben: Jenny, Jonny und Ehefrau Panja
DIE SELTSAME EHE - UDO KENNT DIE FREUNDE SEINER FRAU
Gegen Mittag kommt der Hausherr die Treppen herab. Strahlende Laune, die Hände in den Taschen seines weiten Morgenmantels vergraben, flachst er seine Frau: "Zwei Spiegeleier, ein Butterbrot, ein Glas Milch, drei Tassen Kaffee und einen Naturjoghurt. Und das alles ganz viel schneller noch! Wenn du damit fertig bist, abgeräumt und alles abgewaschen hast, die Küche auch schön aufgeräumt ist, dann können wir über Emanzipation reden. Gäste haben bei uns eh nichts zu sagen!" - Kein "Frühstück bei Tiffany", sondern "Komödienstadl" im Hause Udo Jürgens in Zürich.
Zweiter Eindruck: Der jungenhafte Mittvierziger kann nicht nur singen, sondern auch rumalbern. "Schläfst du immer so lange?" Die Antwort ist schlagfertig: "Nur wenn ich spüre, daß Besuch auf mich wartet!"
Panja, seit 15 Jahren Udo angetraut, lacht: "Quatsch! Wir haben uns mal wieder zufällig spät in der Nacht vor dem Kühlschrank wiedergetroffen. Und während wir noch dabei waren, unseren Hunger zu stillen, kamen wir ins Klönen. Und prompt war es sechs Uhr..."
NICHTS GEMEINSAMES UNTER DEM BETTUCH
Sowas passiert häufiger. Seit das berühmte Ehepaar vor elf Jahren auf Gemeinsamkeit unter einem Bettuch verzichtet hat und eine neue Art "freie Liebe" propagiert, herrscht ein neuer Umgangston, liegt eine andere Familienatmosphäre in der Luft: Keiner lügt den Partner mehr an, sagen sie (und man ist geneigt, es zu glauben). Keiner hat mehr ein schlechtes Gewissen. Beide behaupten, mehr Sinn für das Wesentliche im Leben zu haben, größeres Verständnis, eher Humor als Launen.
Unserem Udo hat die Mahlzeit geschmeckt. Aber er denkt schon wieder ans Essen. Ein Wunder, daß er schlank und rank ist wie mit 25 Jahren: "Frau Jürgens, wie wäre es, wenn wir heute abend mit diesem Journalisten dinieren gehen würden? Was würden Sie davon halten, Frau Jürgens", flachst er. - "Hmm, Herr Jürgens, das wäre wunderschön!" - "Gut, Frau Jürgens, dann werde ich reservieren lassen."
Bevor wir zu tiefsinnigeren Gesprächen übergehen, nimmt mich Panja (sie hat immer noch eine tolle Figur) am Arm und führt mich durchs Haus: "Weißt du, heute muß ein besonderer Tag sein. Normalerweise nennt mich Udo - und die Kinder langsam auch schon - Oldie." Da sie das lustig, aber nicht sehr schmeichelhaft findet, revanchiert sie sich mit "Alter".
Panjas "Reich" in dem Zehn-Zimmer-Haus mit verdecktem Blick auf den Züricher See besteht aus einem kuscheligen Schlafzimmer, einer geräumigen Ankleide und einem riesigen Wohnraum mit Türflügeln zum Garten. All ihre Zimmer strahlen Behaglichkeit und Wärme aus. Nostalgie, wohin der Blick schweift: wertvolle Vasen, alte Bilderrahmen, Porzellanpuppen, Kästchen, Töpfe, Tassen, Regale, viel Trödel - aber kein billiger. Prunkstücke sind zwei holzgeschnitzte Stühle, die sie vor Jahren in einem österreichischen Schloß erstanden hat.
Udos drei Gemächer sind ganz anders eingerichtet: Wo bei Panja Gemütlichkeit vorherrscht, hat sich bei Udo Zweckmäßigkeit durchgesetzt. Komfortable, aber nüchterne Möbel, sein "Schreibtisch" in Gestalt des Flügels - und vor allem jede Menge Platz.
Da können sich auch die beiden Katzen "Frau Meier" (Panja hieß mal so) und "Frau Müller" austoben, die den Jürgens' irgendwann mal zugelaufen sind. Und bei Panjas sprichwörtlicher Tierliebe stand eigentlich von vornherein fest, daß sie im Haus bleiben.
Udo, Panja und Sohn Jonny albern rum: Auch in Kitzbühel war das nicht alltäglich - allzu oft war der Star unterwegs
Udo und Frau beim Tanz in einer Züricher Diskothek: Panja legt gern mal eine kesse Sohle aufs Parkett - Udo kommt schon seltener dazu
Damals ahnten sie noch nicht, daß sie mal in der Schweiz landen würden: Udo und Panja beim Neubau ihres Hauses in Kitzbühel im Sommer '71
Diese Szene gehört der Vergangenheit an: Panja in der Künstlergarderobe bei einem total erschöpften Udo. Heute reist er lieber allein...
ALLE VIER SCHMUSEN IN EINEM BETT
Auch wenn der Superstar ein Klagelied über seine selbstgetauften Vierbeiner singen kann. Udo: "Ich sitze am Klavier und spiele. Unter mir, auf meinem Schemel, fühlt sich irgend etwas hart an. Ich denke, das sind irgendwelche Socken von mir..." - Panja unterbricht augenzwinkernd: "Was ja nichts Ungewöhnliches wäre..."
Udo fährt fort: "Jedenfalls, als ich nach einer halben Stunde aufstehe, entdecke ich statt zusammengerollter Strümpfe eine plattgesessene Maus. Wohl eine Art Freundschaftsbeweis von Frau Meier oder Müller. Aber ich muß sagen: Meine Liebe zu den Katzen ist seitdem merklich abgekühlt!"
Obwohl die beiden niedlichen Tiere viel Unsinn anstellen - im Haus Jürgens sind sie nicht mehr wegzudenken. Dafür sorgen schon neben Panja auch Sohn Jonny (wird 15) und Tochter Jenny (wird 12). Sie leben in einem Internat nahe Bern, 90 Autominuten von Zürich. Jedes zweite Wochenende kommen sie nach Hause und in den Ferien sowieso - wenn sie nicht (wie in letzter Zeit häufig geschehen) mit der Mutter in Urlaub fahren.
Und wenn die Kinder da sind, verwandelt sich das ehrenwerte Haus oft in ein Tollhaus. Da wird rumgealbert, gespielt, geschmust (meistens alle vier auf einem Bett), Musik gemacht. Ein gemeinsames Abendessen sieht dann schon mal so aus:
Udo und Panja sitzen sich am Kopfende des riesigen Eßtisches gegenüber, ebenso Jonny und Jenny in der Mitte. Panja meckert ein bißchen, mahnt ihre Sprößlinge, die Gabel ordentlich zu halten, Kleckern zu vermeiden.
Doch jetzt wird Udo wieder zum Kind: Er legt die Beine auf den Tisch, ißt die Nachspeise so, daß sein ganzes Gesicht verschmiert ist. Und fragt dann scheinheilig seine Frau: "Ist's so richtig? Esse ich jetzt anständig?" Meist lachen sich die Kinder halbtot, alles schwappt über, die Gläser kippen um, der Abend ist gerettet.
Udo genießt die Stunden mit seiner Familie in vollen Zügen. Wann ist er schon mal zu Hause? Vielleicht zehn Tage im Monat! Und meist sind die Kinder dann nicht da. Und Panja ist ohnehin die meiste Zeit allein. Das "Boogie Woogie Baby" (Udo schrieb den Schlager für seine Frau, weil sie so gerne tanzt) hat zwar eine Putzfrau, die ihr täglich sieben Stunden zur Hand geht. Und ein Telefon mit einer Geheimnummer, das die Verbindung zur "Außenwelt" nicht abreißen läßt, aber im Grunde fühlt sie sich oft genug einsam.
Vor allem, seit ihre letzte Freundschaft mit dem 14 Jahre jüngeren Michael zu Ende gegangen ist. Er wohnte - mit Wissen und Einverständnis von Udo - schon in Kitzbühel, später auch in Zürich mit Panja unter einem Dach.
Über zwei Jahre ging das gut, dann brach er aus. Er wollte seine Freiheit, sein eigenes Leben aufbauen. Nachdem er erkannt hatte, daß Panja Udo nicht verlassen will, daß es für ihn, den Jüngeren, keine Zukunft gibt.
SIE IST 21 UND AUS DEM KÜHLEN NORDEN
Udo Jürgens: "Michael ist ein feiner Kerl. Ich mag ihn sehr. Er war auch mit mir auf Tournee und hat hinter der Bühne für mich gearbeitet. Unser Haus wird ihm immer offen stehen."
Panja wußte von Anfang an, daß Udo ihr nicht immer treu war. Schon vor der Heirat. Und er weiß seit rund zehn Jahren, daß sie ihre Freunde hatte. Meistens lernte er sie kennen, oft schätzen und verstehen. Das Ehepaar hat sich arrangiert, spricht offen darüber, zeigt sich nicht mehr eifersüchtig oder verletzt. Man hatte sogar den Mut, die Verwandtschaft, Freunde und die eigenen Kinder über dieses ungewöhnliche Zusammenleben aufzuklären.
Udo '79: "Ich bereue nicht, Panja geheiratet zu haben. Wir haben beide gelernt, Konflikte zu lösen und nicht vor Problemen davonzulaufen. Der Ruf nach dem Scheidungsrichter ist der leichteste dieser Welt. Aber wir lassen uns nicht scheiden. Es sei denn, einer von uns hätte den Wunsch, total neu anzufangen oder noch mal Kinder zu haben. Ich würde aber zu keiner Frau ein bindendes Verhältnis finden können, die nicht versteht, daß ich mit Panja eine tolle Beziehung habe und ihr helfe, wann immer sie mich braucht."
Während Panja keinen festen Freund hat, räumt Udo ein, daß es da jemanden gibt: "Sie ist 21, stammt aus Norddeutschland und kommt gelegentlich auch mal nach Zürich. Panja kennt sie recht gut und ist mit ihr befreundet. Sie hat ihr sogar aus dem Urlaub geschrieben."
Und wer ist noch häufiger Gast in seinem Haus? Udo: "Natürlich mein Manager Freddy Burger, der nur ein paar hundert Meter weg sein Büro hat. Ferner Autoren und Produzenten, mit denen ich arbeite. Meine Eltern und Geschwister, sowieso ein paar Freunde."
Und wenn die da sind, dann geht's oft hoch her. Denn Partys, Feste, Freude und Lachen können Udo stimulieren. Wenn's lustig wird, man leicht einen über den Durst getrunken hat, kann genauso ein Lied entstehen wie nachts um vier, wenn er einsam mit dem Bleistift hinterm Ohr an seinem Konzertflügel sitzt.
Als neulich sein Bruder Manfred Bockelmann mit Frau Christiane Krüger da war und Udo ausgelassen wie ein Schulbub morgens um sechs nur mit einer Badehose bekleidet im Regen durch den Garten tanzte, wußte Panja: Ihm geht es gut. Mittags spielte er ihr dann ein neues Chanson vor: "Wien".
Doch um Udo Jürgens, den erfolgreichen deutschen Sänger, Entertainer und Komponisten, zu verstehen, muß man mehr von ihm wissen.
TEIL 2
PANJA JÜRGENS:
MEIN LEBEN MIT UDO
Panja Jürgens schreibt selbst über ihr Leben, über ihre Ehe, über ihre Liebe.
Panja Jürgens heute: im Garten ihres Zehn-Zimmer-Hauses im Zürcher Prominentenviertel Dolder
Panja Jürgens liebt stilvolle Nostalgie: Bilder, Schnickschnack und Antiquitäten
Hausherr Udo Jürgens "zu Besuch" bei seiner Frau - er hat ein eigenes Wohnzimmer
Die Kinder Jenny und Jonny leben im Internat. Udo und Panja besuchen sie öfter
MIT 17 WOLLTE ICH NUR TANZEN
Sie nannten mich "Inka-Zahn", die jungen Männer aus den Schwabinger Cliquen, die Rumflipper aus den verräucherten Musik-Clubs rund um die Münchner Freiheit. Damals, es war in der wilden Rock 'n' Roll-Zeit 58/59, sah ich wirklich aus wie ein Indianer-Mädchen. Und ein heißer "Zahn" war ich wohl auch: mit langen schwarzen Haaren fast bis zum Po und leicht exotischen Gesichtszügen.
All diese Großstadt-Typen waren ziemlich verrückt nach mir. Und ich hab' das richtig genossen - ich, das kleine Mädchen vom Lande. Schließlich bin ich auf einem Bauernhof aufgewachsen. Und bis zum 15. Lebensjahr habe ich in einer Kleinstadt in Westfalen gelebt. Als meine Mutter dann wieder heiratete, trat ich für ein Jahr eine Stelle als Au-pair-Mädchen bei einem Pfarrer in München an und ging anschließend für drei Jahre in eine Lehre bei einem Rechtsanwalt.
Aber das alles hat mir keinen Spaß gemacht. Ich wollte lieber ausgehen, tanzen, junge Leute kennenlernen. Und vielleicht auch meine Unschuld verlieren. Ich hatte das dringende Bedürfnis, mich austoben zu müssen.
Als ich 17 war, war es dann soweit. Es war keine große Liebe im Spiel, höchstens Verliebtsein, aber mehr noch Neugierde. Mein erster Mann war 21 oder 22.
Später habe ich dann natürlich auch mit anderen Männern Erlebnisse gehabt. Es waren aber alles kurze Begegnungen, keine großen Sachen.
Ja, und dann, mit 19, lief mir der Udo über den Weg. Und er hat mein Leben schlagartig verändert. In wenigen Stunden.
Das war im Frühling 1959, genauer gesagt am 12., im Wonnemonat Mai. Ich war mal wieder wie so oft zum Tanzen in einer Jazz-Kneipe. Unter dem Augustiner-Keller, wo es jeden Dienstag einen sogenannten "Hot-Club" gab. Ich trug schwarze Röhrenhosen, einen Ringelpulli und diese extrem flachen Schuhe zum Rock-Tanzen.
"ICH KEHRTE IHM DEN RÜCKEN ZU"
Als ich ihn zum erstenmal sah - er stand am Eingang - und sich unsere Blicke trafen, lief es mir eiskalt über den Rücken, und ich dachte, mein Herzschlag setzt aus. Ich spürte eine starke innere Unruhe und zog mich instinktiv in mein Schneckenhäuschen zurück. Einfach so.
Ich habe ihn also gar nicht weiter beachtet, obwohl all meine Sinne äußerst angespannt waren. Demonstrativ kehrte ich ihm den Rücken zu, unterhielt mich und flirtete mit anderen.
Er stand die ganze Zeit in der Ecke. Wie ich durch einen Spiegel beobachten konnte, starrte er mich unverwandt an. Und dann kam er das erstemal, um mich aufzufordern. Er setzte sich zu mir und meinte: "Ich würde wahnsinnig gerne mit Ihnen tanzen." Ich sagte, das hätte ich jetzt schon jemand anderem versprochen, und ließ ihn abblitzen.
Dreimal holte er sich einen Korb. Dann gab ich nach. Meine Widerstandskraft schmolz spätestens nach dem ersten Tanz dahin. Denn Udo war ein glänzender Tänzer. Nach drei Stunden Rock 'n' Roll waren wir beide fix und fertig und naßgeschwitzt.
Wir verabredeten uns für den nächsten Tag in seinem Stammlokal "Meine Schwester und ich" in der Türkenstraße. Ich kam allein, er mit seinem Freund. Wir aßen Buletten mit Salat. Gesprochen haben wir kaum was, grad daß er seinen Namen sagte: Udo Jürgens. Aber das sagte mir damals noch gar nichts.
Der Abend verging wie im Flug. Wir haben die ganze Zeit nur rumgeschmust. Ich war verliebt und unmenschlich glücklich. Wir brauchten gar nicht darüber zu reden - es war klar, daß wir miteinander schlafen würden.
Wir haben uns in mein Apartment geschlichen, um meine nebenan wohnende Freundin nicht zu wecken, und uns die ganze Nacht geliebt. Es war phantastisch. Irgendwann morgens ist er dann gegangen, und ich war ganz traurig. Aber nicht lange, denn zwei Stunden später stand er mit frischen Semmeln und einem Stück Kalbsleberwurst in der Hand wieder vor der Tür. Und mit einem Strauß roter Rosen.
Mittags hat er sich dann verabschiedet und ist mit seinem alten klapprigen Ford zu seiner Bude gefahren. Abends haben wir uns in einem italienischen Lokal wiedergetroffen, haben gegessen und sind dann wieder stundenlang Rock 'n' Roll tanzen gegangen.
Das war der erste Tag mit Udo. Von da an waren wir unzertrennlich. Er schlief jede Nacht bei mir und hatte auch tagsüber überraschend viel Zeit. Als ich ihn dann mal fragte, wovon er eigentlich lebe, erzählte er mir beiläufig, daß er Musiker und Sänger sei und ab und zu allein oder mit Freunden in Klubs spiele. Erst später erfuhr ich, daß er ein richtiges Musikstudium in Klagenfurth hinter sich hatte, schon in Salzburg eine eigene Band aufgebaut und eine erste - wenn auch erfolglose - Platte gemacht hatte.
Wie gut er in Wirklichkeit war, erfuhr ich erst, als er mich mal mit zu einem Auftritt im Schwabinger Jazz-Club "Eule" mitnahm. Alle kannten ihn dort und begrüßten ihn mit lautem Hallo. Nach Mitternacht setzte er sich ans Klavier und spielte wie ein Gott Frank-Sinatra-Nummern und das, was damals so "in" war. Wahnsinnig gut. Mir stiegen Freudentränen in die Augen, als ich den Applaus hörte. Ich war immer schon ein unheimlicher Musikfan und fand das einfach wahnsinnig chic, das ausgerechnet mein Freund ein so toller Musiker war. Ich war sehr stolz auf meinen Udo. Und als er dann "My Funny Valentine" spielte und das Lied "nur für meine Panja" ansagte, war ich sehr gerührt.
Von da an nahm Udo mich öfter mit. Er spielte manchmal für den bekannten Sänger Frank Forster am Klavier. Wir reisten alle zusammen nach Würzburg oder Nürnberg. Udo kriegte dann 100 Mark Gage, mußte aber gleichzeitig auch noch Chauffeur spielen.
Udo und Panja Jürgens bei der Taufe von Jenny im Mai 1967
Man rief sie "Inka-Zahn": Panja im Jahre 1959
"WIR HABEN UNS AUF NACHWUCHS GEFREUT"
Aber das Geld für uns beide reichte vorn und hinten nicht. Also habe ich gegen Udos Widerstand mich nach einem Job umgesehen, wo ich möglichst viel verdiene. Und als er dann mit Max Greger auf Rußland-Tournee gegangen ist, habe ich mich als Bar-Mädchen im "Käfig" anstellen lassen. Von acht bis vier in der Früh.
Das hat Udo natürlich überhaupt nicht gepaßt. Und oft genug hat es da Szenen und Eifersüchteleien gegeben: Ihm gefiel es gar nicht, daß mich ab und zu Männer nach Hause brachten. Er fand es nicht gut, daß ich mich so extrem schminkte. Ihm ging es auf den Geist, daß er nun auf einmal auf mich warten mußte statt umgekehrt.
Na, dann habe ich den Job eben auf seinen Wunsch hin nach einem Jahr wieder aufgegeben und bin nur noch mit ihm rumgereist. Jetzt lief es langsam bei ihm an. Er hatte sehr viel in Wien zu tun, mit dem Johannes Fehring. Aber auch schon in Hamburg, Mannheim usw. Und wenn er frei hatte, lagen wir im Sommer den ganzen Tag am Starnberger See rum.
Udo hatte damals zwar noch ein Pensionszimmer, wohnte aber quasi bei mir. Also konnten wir auch gleich zusammenziehen.
Mit seinem Freund Frank Forster und dessen Frau Nora mieteten wir die untere Etage eines Hauses an der Emmeranmühle. Möbliert und klein - aber fein.
Unser Anteil an der Wohnung: außer einem gemeinsamen Wohnraum für alle vier nur eine winzige Kammer mit einem Minibett drin.
Dabei haben wir teilweise sogar zu dritt geschlafen. Der Dritte im Bunde war nämlich ein Rauhaardackel. Das kleine Viecherl hat dann zwischen Udos Kopf und meiner Brust gelegen.
Irgendwann bekam der Hund dann mal eine Darmgrippe und hat uns von oben bis unten vollge... Da war natürlich Terror angesagt. Udo hat geflucht, und ich hab' geheult. Aber was will man machen? Der arme Hund konnte ja nichts für seinen Durchfall. Also: Bettwäsche wechseln, Bett umbauen, weiterschlafen. Mit Hund, versteht sich. Denn Verständnis für meine Tierliebe hatte mein Mann immer schon.
Das hat er aber auch gebraucht, denn außer ein paar anderen Hunden habe ich ihm im Laufe der Jahre alle möglichen Viecher ins Haus geschleppt. Erst einen Kanarienvogel, der um fünf Uhr morgens so schräg sang, daß Udo beleidigt war. Dann ein Meerschweinchen mit einem besonderen Geruch. Dann eine weiße Maus, später sogar zwei, die zu Udos Schrecken immer über seinen Rücken krabbeln wollten. Die kamen sogar mit auf Reisen, in einem kleinen runden Käfig mit Gitter.
Ein "Wunder", daß er mich überhaupt geheiratet hat. Wo er sich innerlich doch so dagegen gewehrt hat. Aber immerhin war ja mittlerweile schon Jenny unterwegs. Wir hatten beide nichts getan, um ein Kind zu verhindern. Trotzdem waren wir überrascht, daß ich plötzlich schwanger war. Aber wir haben uns von Anfang an auf Nachwuchs gefreut.
Jetzt mußte natürlich eine größere Wohnung her. Die drei kleinen Zimmer, die wir uns in München-Bogenhausen erarbeitet hatten, reichten nicht für eine Familie mit Tieren. Also mieteten wir uns ein Reihenhaus in Untermenzing. Beim Einzug - ich war im vierten Monat - war Udo wie bei allen späteren Umzügen nicht da - er war auf Reisen. Diese Situation habe ich insgesamt zwölfmal erlebt.
HOCHZEIT OHNE HOCHZEITSNACHT
Am 11. Oktober 1963 haben wir auf dem Standesamt in der Mandlstraße geheiratet. Mit 20 Gästen gingen wir essen. Die Presse hatte damals von Udo noch keine Notiz genommen. Unsere Hochzeitsnacht fiel aus. Ich weiß nicht mehr, warum. Udo nahm mich jedenfalls nur in die Arme und sagte: "Du, stell dir mal vor, wir sind verheiratet." So, als könne er es noch gar nicht glauben. Sonst war nichts.
Die Flitterwochen fielen ebenfalls ins Wasser, Udo war mal wieder auf Tournee. Erst ein halbes Jahr später sind wir mit meinem Schwager John und dessen Frau nach Italien gefahren. Eine meiner wenigen Urlaubsreisen mit Udo. Später fuhr ich meist mit meinen Kindern notgedrungen alleine weg.
Vier Monate nach der Hochzeit kam Jonny zur Welt: Am 22. Februar 1964. Wir haben ihn nach Udos Bruder getauft, und weil Udo sich eigentlich schon einen ähnlichen Namen für ein Mädchen ausgesucht hatte: Jenny. Doch darauf mußte er noch warten.
Ungetrübte Freude hatte ich in den ersten Jahren mit Udo trotz aller Liebe nicht. Es gab Probleme, vor allem was Vertrauen und Freiheit anging. Ich habe schon nach wenigen Monaten gespürt, daß Udo mir nicht immer treu war. Und auch ich habe ihn ein paarmal hintergangen - aber nur bis zur Hochzeit.
Doch bei Udo ging das weiter: Die Mädchen riefen bei uns an, schickten ihm glühende Liebesbriefe, die ich allerdings nie gelesen habe. Oder ich habe Lippenstiftspuren an seinem Hemdkragen entdeckt, die ich dann auch noch weggewaschen habe. Oder auf Zetteln gekritzelte Telefonnummern in den Taschen seiner Anzüge. Ich war wahnsinnig eifersüchtig damals und hab' überall rumgeschnüffelt.
"ICH WUSSTE JEDESMAL, WENN UDO SCHWINDELTE"
Den ersten klaren "Beweis" für seine Untreue fand ich dann in seinem Auto. Hinter dem Sitz lag ein Paar zerknitterte Damenstrümpfe. Ich habe ihn zur Rede gestellt. Er hat sich gewunden wie ein Aal und versucht, mir eine Geschichte unterzujubeln: Dieses Mädchen gehöre zur Band und habe sich in Ermangelung einer Extra-Garderobe im Wagen umziehen müssen. Ich hab' ihm natürlich nicht geglaubt.
Aber Udo hat nie etwas zugegeben. Es hat Kräche gegeben und Auseinandersetzungen, daß die Fetzen flogen. Es war katastrophal. Vor allem hielt Udo gerne "Grimms Märchenstunde" ab: "Das stimmt doch überhaupt nicht, was die Leute da erzählen. Das ist eine Frechheit, was die so reden. Ich finde es überhaupt eine Unverschämtheit, dir so was zu sagen."
Doch ich wußte jedesmal, wenn Udo schwindelte. Er ist nämlich ein miserabler Schwindler. Ich erkenne das sofort daran, wenn er laut wird, wie er alles ausschmückt, wie er gestikuliert.
Heute kann ich darüber nur noch lachen. Wie dumm wir beide damals doch waren! Hätten wir unsere Beziehung doch nur schon früher auf eine vernünftige, ehrliche Basis gestellt. Uns wäre manches erspart geblieben...
Urlaub ohne Udo: Panja Jürgens mit Jenny (1 1/2) und Jonny (4 1/2) 1968 am Mittelmeer
Über die Frisuren von damals können sie heute nur noch lachen: Udo und Panja 1961 in München
PANJA JÜRGENS: WIE ICH HEUTE ÜBER LIEBE UND EHE DENKE
"Es ist ein großer Irrtum zu glauben, daß es eine immerwährende Liebe gibt. Es gibt kein Ein und Einziges, es gibt nur ein und einzige Augenblicke. Und die haben allein Gültigkeit für mich. Ich glaube auch nicht an den ewig währenden Bestand einer Zweierbeziehung, weil eine solche der Entfaltung der eigenen Persönlichkeit im Wege stehen würde. Deswegen gehen die meisten Ehen schief. Bei uns ist es anders: Jeder ist dem anderen ein echter Partner, keiner schränkt die Freiheit des anderen ein. Und wir bewegen uns im Gleichklang - wichtige Voraussetzung für eine jede Ehe."
TEIL 3
PANJA JÜRGENS:
MEIN LEBEN MIT UDO
Panja Jürgens zuhause in Zürich: Sie raucht gern starke Zigaretten - trotz ihrer fast ständig heiseren Stimme
"EIN FREUND VERLIESS MICH, WEIL ICH UDO NICHT VERLASSEN WOLLTE"
Einer der schrecklichsten Momente in unserem Leben, wenn nicht der schlimmste überhaupt, war die Geburt unseres zweiten Kindes. Im Sommer 1966 merkte ich, daß ich zum zweiten Male schwanger war. Und Udo lachte: "Na, vielleicht wird's diesmal eine Jenny." Es sollte tatsächlich ein Mädchen werden, aber die Umstände hatten wir uns anders, vor allem leichter, vorgestellt.
Ich war im fünften Monat, als die Wehen kamen. Udo und ich saßen in einem Schwabinger Lokal, als mich plötzlich ein stechender Schmerz im Unterleib packte. Udo fuhr mich sofort ins Krankenhaus. Die Ärzte verordneten mir absolute Ruhe. Ich mußte zwei Monate in der Klinik bleiben, um eine Frühgeburt zu vermeiden.
Es wurde trotzdem eine: Jenny ist ein Siebenmonatskind! Sie mußte gleich in einen Brutkasten und in eine Spezialklinik. Mehrmals mußte ihr Blut ausgetauscht werden. Wir alle konnten nur noch beten. Große Hoffnung bestand für das Baby nicht!
Udo war mal wieder nicht da! Er hatte in Berlin zu tun. Aber ich muß sagen, er hat sich ganz toll verhalten. Wir haben telefoniert, er ist ins Flugzeug gestiegen und zu mir gekommen. Tagelang hat er an meinem Wochenbett gesessen, mir die Hand gehalten, versucht, mich zu beruhigen. Er ist nicht von meiner Seite gewichen!
Zehn Tage haben wir nicht gewußt, ob Jenny durchkommen würde. Sie hatte eine Gelbsucht. Ich durfte wie üblich nach acht Tagen nach Hause, konnte aber mein Kind nicht mitnehmen. Als ich es das erste Mal hinter einer Glasscheibe sah und dazu das aufmunternde Lächeln der Krankenschwester, weinte ich vor Glück.
Nach sechs Wochen haben wir die Kleine dann endlich abholen können. Sie wog gerade sechs Pfund. Doch von da an hat sie normale Nahrung bekommen und sich gut entwickelt.
Noch ein zweites Mal schwebte unsere Tochter zwischen Leben und Tod. Und das war für mich mindestens genauso schrecklich. Sie war eineinhalb Jahre alt. Ein Kindermädchen paßte auf sie auf, wenn ich mal kurz nicht da war.
So auch an diesem Morgen, als ich einkaufen ging.
Ich komme zurück in unser Haus - wir hatten mittlerweile einen Neun-Zimmer-Bau in Vaterstetten bei München - und sehe das Mädchen am Ende der Treppe vom ersten Stock stehen, in jeder Hand einen Fuß von Jenny. Die Kleine hing mit dem Gesicht nach unten. Leblos, ohne Regung. Ich bin raufgerannt, hab' vier Stufen auf einmal genommen. Überhaupt nicht geredet, keine Fragen gestellt.
Ich riß dem Mädchen das Kind aus der Hand und habe Jenny geschüttelt und auf den Rücken geklopft. Da kam viel Wasser aus ihrem Mund. Ihre Nägel waren schon genau wie die Lippen blau angelaufen. Da habe ich versucht, Herzmassage zu machen und nach einem Arzt telefoniert. Der kam dann auch gleich. Das war Rettung in letzter Sekunde.
Was genau passiert war, habe ich erst Stunden später erfahren: Das Mädchen hatte beide Kinder gebadet. Jenny hat sie zuerst in die Wanne gesetzt. Jonny stand daneben. Da läutete das Telefon. Und während meine Haushälterin und Jonny instinktiv nach nebenan rannten, muß Jenny sich ein Spielzeug gegriffen haben. Dabei ist sie ausgerutscht und unter Wasser geraten.
Wenn ich nicht in diesem Augenblick nach Hause gekommen wäre - Gott weiß, was passiert wäre. Mein Hausmädchen war nämlich völlig hilflos, weil sie so geschockt war. Als ich Udo später die Geschichte erzählt habe, ist er kreidebleich geworden und fast zusammengebrochen.
Ansonsten blieben wir von Schicksalsschlägen oder schweren Krankheiten bisher alle verschont. Sieht man mal davon ab, daß sich Jonny mit fünf Jahren eine geschlossene und inzwischen völlig ausgeheilte TB geholt hatte.
Er mußte in eine Spezialklinik nach Klagenfurt, wo er monatelang gelegen hat. Das war wohl der Hauptgrund, daß wir nach Österreich gezogen sind. Die Höhenluft war für Jonny besser.
Ich bin also wieder mal auf Wohnungssuche gegangen. Udo war auf seiner Mammuttournee 69/70, die ja über ein Jahr dauerte.
In Kitzbühel wurde ich fündig. Eine Frau Reisch - ihrem Ex-Mann gehörte die "Tenne" - wollte ihr Haus an der Bichlalm vermieten. Es war wunderschön. Der Bau war vielleicht 40 Jahre alt, bestand innen wie außen fast nur aus Holz. Ich hab's gleich "Hexenhaus" genannt, weil's so herrlich verwinkelt, versponnen und urgemütlich war.
Udo kam dann irgendwann auf ein paar Tage Urlaub nach "Kitz". Er kannte sein neues Zuhause noch gar nicht - nur vom Hörensagen. Unterwegs im Ort traf er einen Polizisten, und den fragte er scheinheilig: "Sie, wissen Sie vielleicht wo hier der Udo Jürgens wohnt?" Der Beamte hatte ihn natürlich erkannt und dachte, der spinnt total, der will mich wohl für blöd verkaufen und ließ ihn einfach stehen.
Udo hat das Haus jedenfalls auch gut gefallen. Wir beschlossen, es zu kaufen und nach unserem Geschmack umzubauen. Unter anderem ließen wir eine Schwimmhalle errichten.
Wie sich die Mode ändert: Udo und Panja Jürgens mit ihren Kindern im Jahre 1969
Udo und Panja Jürgens heute: ein Prost auf die gemeinsame Zukunft
FEUER, FESTE UND FILOUS
Ja, und ein paar Monate später passierte es: Ich war mit den Kindern bei einer Freundin in "Kitz" zum Kaffeetrinken. Wir plauderten ein bißchen, sie schaute zum Fenster raus und entdeckte plötzlich schwarze Rauchwolken am Himmel - genau in der Richtung, wo wir wohnten. Sie sagte: "Schau mal, ich glaub', da ist irgendeine Tankstelle explodiert. Das qualmt ja fürchterlich." Ich sah raus, und da hatte ich so eine fürchterliche Ahnung: "Oder unser 'Hexenhaus' brennt..."
Ich wurde auf einmal so unruhig, daß ich mich ganz schnell verabschiedet hab'. In rasender Fahrt fuhr ich zum Haus. Menschenschlangen hatten sich gebildet, Polizisten, die den Weg absperrten, Feuerwehrleute, wohin man blickte: Es w a r unser Haus, und alles stand in Flammen!
Ich schrie: "Laßt mich durch, das ist unser Haus", stieg aus dem Auto und rannte los. Obwohl unten schon alles in Flammen stand, hab' ich mich zum Dachstuhl durchgekämpft und in Kisten und Truhen rumgewühlt. Wegen der Umbauten hatte ich die wertvollen Sachen wie Bilder, Antiquitäten, Wäsche alle oben verstaut.
Wie eine Wahnsinnige hab' ich das ganze Zeug aus dem Fenster geworfen oder runtergetragen. Und andere Leute, die nur herumstanden und dumm gafften, angeschrien, sie möchten mir helfen. Den Brandgeruch, die stickige Luft habe ich gar nicht wahrgenommen. Die schier aussichtslose Situation hat mir irrsinnige Kraft verliehen. Mit sanfter Gewalt mußten mich Feuerwehrleute schließlich vom Brandherd wegtragen. Sie gaben mir eine Sauerstoffmaske.
Fix und fertig bin ich dann mit meinen Kindern in ein Hotel gezogen. Nach acht Tagen dann in ein möbliertes Haus, aber das war zu klein. Schließlich noch mal umgezogen in das Haus von Ellen Schönherr, der geschiedenen Frau von Dietmar. Da hab' ich dann zwei Jahre gewohnt, bis unser Neubau stand.
Erst viel später haben wir gewußt, was passiert war: Beim Schweißen in der Schwimmhalle hatten Funken fertige Styroporplatten in Brand gesetzt - innerhalb fünfzehn Minuten stand das ganze Haus in Flammen. Wir waren zwar versichert, aber nicht hoch genug. Udo hat - wie im späteren Leben noch etliche Male - ganz schön draufgezahlt. Künstlerpech!
Dann hat er sich entschlossen, ein Grundstück nebenan zu kaufen und zu bauen. Zwei Projekte diesmal: Ein Apartmenthaus und unser Wohnhaus, ein Stück höher, mit noch schönerem Blick.
Das Apartmenthaus wurde zuerst fertig. Da sind wir dann provisorisch erst mal alle eingezogen. Heute sind alle 15 Wohnungen vermietet. Nur unsere Villa, die Monate später auch bezugsfertig wurde und in der wir über fünf Jahre gelebt haben, steht noch zum Verkauf.
Einmal im Jahr gaben wir in Kitzbühel ein großes Fest: im Januar, beim Hahnenkamm-Rennen. Dann waren die bekanntesten Skiläufer aus aller Welt zu Gast. Manchmal bis zu 200 Leute, einschließlich unserer Freunde. Es gab ein kaltes Büfett mit selbstgemachten Buletten und Kartoffelsalat sowie alkoholfreie Drinks für die Sportler. Udo setzte sich ans Klavier, und es herrschte eine tolle Stimmung.
Nur mit dem Parken gab's große Probleme: Wenn hundert Leute an einem schneeverwehten Hang hintereinander ihre Autos abstellen und der erste raus will, müssen unter Umständen 99 andere rangieren. Und nicht selten landete ein Wagen im Graben. Das war überhaupt nicht mehr komisch...
In Kitzbühel lernte ich auch meinen ersten Freund kennen, über den ich mit Udo offen sprach. Und das hat unser Leben doch sehr verändert. Udo und ich hatten schon seit drei Jahren nicht mehr miteinander geschlafen. Und wir hatten auch seit dieser Zeit getrennte Schlafzimmer. Seine Mädchengeschichten, die es immer wieder gab, hatten irgendwann irgendwas in mir getötet. Ich habe mich von ihm entfremdet, und er hat es gespürt. Darüber brauchten wir gar nicht groß zu reden.
Ja, und dann lernte ich kurz vor Weihnachten 1969 bei einem Abendessen unter Freunden einen Mann kennen, der mir sehr gefallen hat. Er war Münchner und kam immer nur am Wochenende nach Kitz zum Skifahren. Wir haben uns sehr gut unterhalten. Nach einer Woche rief er mich an und bat mich um ein Wiedersehen. Ich lud ihn für Silvester zu uns ein und teilte Udo das mit.
Zu meiner großen Überraschung war Udo gar nicht eifersüchtig. Er sagte, er freue sich darauf, endlich mal einen Freund von mir kennenzulernen. Und wir könnten ja ruhig zusammen feiern.
Der "hagere" Udo Jürgens und seine schlanke Frau Panja beim Urlaub im Jahre 1965 am Strand von Venedig
Leidenschaftliche Tänzer waren Udo und Panja immer schon - hier bei einem Ball im Jahre 1966
Nach überstandener TB kann der fünfjährige Jonny wieder mit Papa und Großvater Rudolf Bockelmann in Kärnten spielen
UDO KAM MIT EINER FREUNDIN
Was wir dann auch gemacht haben! Udo und mein Bekannter verstanden sich großartig, hatten die gleiche Wellenlänge... Das war aber auch zwischen all meinen späteren Freunden und Udo so.
Nach einer Woche war ich das erste Mal mit Udos Wissen mit einem anderen Mann zusammen. Und Udo schien darüber gar nicht mal verbittert. Im Gegenteil: Irgendwie hat er sich erleichtert gefühlt. Er hat sofort akzeptiert, als ich sagte: "Mit diesem Mann möchte ich fest befreundet bleiben!" Ich glaube, daß Udo von seinen Schuldgefühlen mir gegenüber befreit war, denn jetzt konnte auch er endlich ehrlich zu mir sein.
Das war er dann auch! Später brachte er nämlich seinerseits eine Freundin mit nach Hause. Eine 19jährige Studentin aus München. Ich hatte mittlerweile einen anderen Freund. Mit dem ersten war es 2 1/2 Jahre gutgegangen. Dann hat er aufgegeben, weil er spürte, daß ich Udo nicht verlassen würde.
Jedenfalls: Mein neuer Freund - er war 23, ich 32 - und Udos Freundin kamen oft am Wochenende zusammen aus München angereist. Wir sind dann alle zum Skifahren gewesen, haben Backgammon gespielt, sind in die Sauna oder in den Swimmingpool. Wir hatten immer genug Gesprächsstoff. Es war alles sehr harmonisch.
Einmal standen Udo und ich an der Tür, um uns von den beiden zu verabschieden. Ich weiß nicht, wer es von uns aussprach, aber wir hatten beide den gleichen Gedanken: "Wenn man die zwei so sieht - rein optisch - , dann würden die an und für sich viel besser zusammenpassen." Ob die auch daran gedacht haben, weiß ich nicht.
BALD HAT'S BEI MIR WIEDER GEFUNKT
Das Mädchen hat die Beziehung zu Udo jedenfalls nur eine gewisse Zeit durchstehen können. Immerhin konnte sie ihn manchmal monatelang nicht sehen. Und wenn, dann wieder nur für ein, zwei Tage. Nach drei Jahren hat sie sich dann in jemand anders verliebt. Udo und ich sind mit dem Paar noch heute befreundet.
Mein zweiter fester Freund war Sportlehrer. Er fuhr sehr gut Ski. Und ich bin in Ski-Kurse gegangen, um besser zu werden, aber das nutzte nicht viel: Ich bin heut' noch froh, wenn ich den Hang heil runterkomm'. Nach 1 1/2 Jahren ging diese Freundschaft eines anderen Mädchens wegen zu Ende.
Nach einem halben Jahr hat's bei mir wieder gefunkt: Ein 23jähriger Bankangestellter. Er hatte einen ungeheuren Charme, eine große Ausstrahlung. Abwechselnd war er bei mir in Kitz und ich bei ihm in München. Nach über zwei Jahren intensiven Zusammenseins hat dieser Mann den Wunsch gehabt, mich zu heiraten, mit mir ein Kind zu haben.
Ich hab' in Ruhe über alles nachgedacht. Auch über eine mögliche Scheidung. Aber nicht wegen meinem Freund, sondern wegen mir selbst. Ich habe mich für Udo entschieden. Ich hatte Angst, aus meinen schützenden Geborgenheiten zu fallen, die ich durch meine Familie hatte. Ich wollte die Familie nicht auseinanderreißen. Ich hatte auch Angst vor einem Neubeginn.
Das hab' ich meinem Freund gesagt, und er hat sich von mir getrennt. Dann kam er wieder. Es ging Monate gut. Dann habe ich ihm die Entscheidung abgenommen. Über Nacht! Es mußte sein! Er wäre vielleicht an mir zerbrochen...
Anschließend hatte ich zwei "verzweifelte" Intermezzos, ohne größere Bedeutung. Und dann kam Michael - der erste Mann, mit dem ich ständig zusammen lebte. Mit Udos Einverständnis! Michael war mehr als ein Liebhaber...
PANJA JÜRGENS: WIE ICH HEUTE ÜBER MORAL UND TREUE DENKE
"Unter Treue und Moral verstehe ich die absolute Ehrlichkeit und das grundsätzliche Vertrauen in den anderen Menschen. Moral heißt auch, seinem Partner - und auch den Kindern - die Chance geben, sich voll und ganz zu entfalten. Und wenn man keine Lügen mehr braucht, ohne Druck lebt, Raum für Wesentliches hat und Verständnis. Ich finde es in meiner Ehe mit Udo nicht unmoralisch, einen Freund zu haben. Das hat auch mit Untreue nichts zu tun - denn es gibt auch eine geistige Treue."