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Mittwoch, 2. März 2016, 15:53

Pepe Lienhard bei Carmen Nebel (01.10.2016)

Anlässlich seines bevorstehenden 70. Geburtstags am 23. März, erschien ein Interview mit Pepe Lienhard auf tagesanzeiger.ch :


"'Swiss Lady' ist nicht einfach nur ein Seich"

Man könnte meinen, Pepe Lienhard sei Ornithologe. Zu Hunderten stapeln sich in seinem Frauenfelder Bauernhaus die Fachbücher über Vögel. War er auf Tour in europäischen Städten, besuchte er jeweils auch die Zoologischen Gärten mit ihren Volieren. Und gilt es den Eindruck abzuwehren, er sei ein abgehobener Showmann, dann erzählt er gern, nach einer Tournee kehre er zu Hause den ­Vogeldreck aus dem Hühnerstall. Als Grosskünstler sieht sich der Big-Band-Leader ohnehin nicht. Aber wer würde bestreiten, dass die Geschichte des Schweizer Unterhaltungswesens ohne Pepe Lienhard nicht zu schreiben wäre? Wie Walter Roderer, Hazy Osterwald oder Kurt Felix gehört auch er zum Kanon helvetischer Populärkultur.


Sie haben Udo Jürgens auf vielen Tourneen begleitet.
Ja, sein Tod vor eineinhalb Jahren war ein grosser Einschnitt.


Müssen Sie sich jetzt neu erfinden?
(schweigt lange) Udo war achtzig. Er sagte am Schluss, dies sei seine letzte grosse Tournee. Wir von der Band waren also vorbereitet, auch wenn sein Tod sehr plötzlich gekommen ist. Klar, wir hatten viele Höhepunkte mit Udo. Doch unser Abend etwa zum 75. Geburtstag von Quincy Jones am Montreux Jazz Festival von 2008 hatte nichts mit ihm zu tun. Wir haben jetzt unsere eigenen Sachen forciert, aber noch immer profitieren wir von Udo: Im aktuellen Programm spielen wir eine Hommage an ihn, und dadurch werden wir sicher auch bei unserer Deutschlandtournee im Herbst mehr Besucher haben.


Sie lieben Jazz. Und sind doch mehr Unterhaltungsmusiker als Jazzer.
Ich liebe den Jazz, ja, das ist die Musik, mit der ich davonsegle. Ich sehe mich aber an einem anderen Ort – schlicht auch von meinem Können her. Ich sage immer: Wenn alle genauer überlegen würden, was für sie drinliegt, wäre die Welt entspannter. Ich bin kein Überflieger am Saxofon, war aber immer ein Organisationstalent und verstand es, gemeinsam mit den besten Musikern eine populäre Musik zu machen.

«Ich sage immer: Wenn alle genauer überlegen würden, was für sie drinliegt, wäre die Welt entspannter.»


Haben Sie sich mit Udo Jürgens darüber unterhalten, was beim Publikum ankommt?
Oft. Darüber machte er sich unglaublich viele Gedanken. Ihm war eben Glaubwürdigkeit ganz wichtig, auch jene der Texte. Die waren ja nicht von ihm. Aber man hätte geschworen, dass sie es seien. Udo konnte sie verinnerlichen, und natürlich gab er den Textautoren inhalt­liche Vorgaben.


Er war nicht zynisch und spielte dem Publikum etwas vor?
Nie hätte er gesagt, dass das Publikum keine Ahnung habe. Er spielte seine Songs ja auch für sich privat. Auch ein Frank Sinatra, mit dem ich einst spielen durfte, hatte diese Ernsthaftigkeit. Sinatra sang «Strangers in the Night» ohne den kleinsten Widerwillen. Nur bei Zweitklasskünstlern habe ich eine Art Spiel erlebt – bei Schlagersängern, die wir begleiteten, wie etwa Rex Gildo. Man kann nicht als Schlagersänger plötzlich auf Rock ’n’ Roll machen. Das kommt grauenhaft raus.


Sie spürten, was das große Publikum will.
Ich wollte den Leuten ja auch gefallen, wenn auch nicht à tout prix. Zum Beispiel hatte Beny Rehmann in den 70er-Jahren mit volkstümlichem Schlager grossen Erfolg. Ich mochte Beny, aber das war und ist nicht meine Baustelle. Diese Art volkstümlichen Schlagers nähme mir kein Mensch ab. Glaubwürdigkeit war ja auch Udo Jürgens’ Kunst. Meine Erkenntnis nach so vielen Jahren ist, dass man das grosse Publikum nicht unterschätzen sollte. Es reagiert instinktiv und analysiert nicht. Aber es kriegt mit, wenn du nicht glaubwürdig bist.

«Meine Erkenntnis nach so vielen Jahren ist, dass man das grosse Publikum nicht unterschätzen sollte. Es kriegt mit, wenn du nicht glaubwürdig bist.»


Sie spielen auch Galakonzerte und Opernbälle. Muss man da unauffälliger auftreten?
Nicht unbedingt unauffälliger. Wer uns engagiert, wünscht sich etwas Persönliches und nicht nur Konservensound. Oft sage ich die Stücke an, und es gibt auch Applaus. Aber es bleibt eine Dienstleistung: Du bist angestellt dafür, dass die Leute tanzen. Ich mache das gern.


Doch Konzerte mit der Big Band sind befriedigender?
Ja, da kommen die Leute deinetwegen.


Ihre Konzerte sind allerdings ganz anders als die des verstorbenen George Gruntz, eines anderen Schweizer Jazz-Big-Band-Leaders.
George machte kompromisslosen Jazz. Er hatte immer die besten Musiker der Welt. Aber interessant: Ich war an seinem letzten Konzert, in Basel, mit Musik von John Coltrane. Die Basler Prominenz war da, und in der Pause fragte mich Crossair-Gründer Moritz Suter: Was ist mit diesen Musikern los? Sind die alle wütend auf uns? Ich sagte: Die sind halt konzentriert.


Mit anderen Worten: In Ihrer Big Band sollen die Musiker freundlich auftreten.
Ich zahle die Leute anständig und erwarte, dass sie auf der Bühne eine gesunde Präsenz zeigen.


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Mittwoch, 2. März 2016, 15:53

Viele sehen in Lienhard den reinen Unterhalter. Dabei schliessen seine Interessen Anspruchsvolles ein: Er hört sich im Zürcher Moods gern Jazzsaxofonisten an, hortet verwickelte Big-Band-Arrangements von Thad Jones oder Don Sebesky. Wenn Fans ihn loben, dass seine Musik «Melodie habe und nicht nur Gedudel sei», dann denkt er für sich, dass er gerade dieses Gedudel, etwa von John Coltrane, liebt.
Hochdifferenzierte Arrangeure wie Gil Evans – «Sketches of Spain» mit Miles Davis – sind Lienhards Heroen, und als sein denkwürdigstes Konzert nennt er den Auftritt zu Ehren von Quincy Jones in Montreux. Damals dirigierte Lienhard die Swiss Army Big Band vor einem Staraufgebot mit Herbie Hancock und Curtis Stigers; auf Youtube lässt sich nachverfolgen, wie viel er aus dem Klangkörper seiner Band herausholte. Überhaupt liebt Lienhard Montreux: Dort könne er musikalisch weiter gehen als sonst. Auch bei der anstehenden Deutschlandtour werde er schwierigeren Jazz ins Repertoire «schmuggeln», sodass die Leute sich fragen: Was ist das?


Ihren grossen Hit, den heute noch jeder kennt, «Swiss Lady», hatten Sie 1977. Der Auftritt Ihres ­damaligen Sextetts beim Song Contest war geprägt von Einlagen am Alphorn und an der Piccoloflöte. Braucht es solche plakativen Effekte vor einem grossen Publikum?
So etwas kommt an, klar. Wir standen damals unter dem Eindruck von Abba, die den Wettbewerb zuvor gewonnen hatten, und wollten auch etwas Spektakuläres machen.

«‹Swiss Lady› ist nicht einfach nur ein Seich, es ist lustig und originell. Und auch, wenn ich den Song 1000 mal gespielt habe, haben ihn die Leute noch nicht 1000 mal gehört.»


Gibt es auch heute solche Elemente bei Ihrer Big Band?
Ja. Mit Pino Gasparini haben wir einen Musiker dabei, der bei den Leuten extrem gut ankommt, etwa, wenn er «Volare» singt. Pino hat Charme und gibt den schönen Italiener. Präsentation war mir immer wichtig. Viele Big Bands treten heute in schwarzen Hemden auf, das ist für mich zu wenig. An Galas tragen wir Smoking mit Fliege.


Gil Evans oder George Gruntz hätten das kaum praktiziert.
Bei ihnen ging es ja auch um etwas total anderes. Ihre Musiker hätten sich dazu auch nicht bewegen lassen.


Kann man den Respekt vor dem Publikum auch verlieren, wenn man im Klammergriff eines Songs war wie Sie mit «Swiss Lady»?
Der Song wurde tatsächlich zur Sackgasse, wir wurden auf ihn reduziert. Das war aber mehr das Problem der TV-Stationen, die europaweit stets nur dieses eine Lied wollten. Aber man darf auch sagen, dass «Swiss Lady» nicht einfach nur ein Seich ist, es ist lustig und originell. Und auch, wenn ich den Song 1000 mal gespielt habe, haben ihn die Leute noch nicht 1000 mal gehört.


Sie mögen auch sperrigen Jazz, etwa von Thelonious Monk. Gleichzeitig wäre der volkstümliche Schlager ein grosser Markt für Sie. Ein Spannungsfeld?
Diese Form des Schlagers boomt tatsächlich wieder. Der österreichische Volksmusikstar Andreas Gabalier gibt diesen Sommer im Münchner Olympiastadion ein Konzert, das jetzt schon ausverkauft ist. 70'000 Leute! Gabalier macht extrem kommerzielle Schlager, das ist ein Massenphänomen. Thelonious Monk aber fordert dich heraus. Viele sind nicht bereit, sich damit auseinanderzusetzen. Monk war sich bewusst, dass er nie Stadien füllen würde. Ich bin irgendwo dazwischen: zwischen anspruchsvoller und Schunkelmusik.

«Ich bin irgendwo dazwischen: zwischen anspruchsvoller und Schunkelmusik.»


Der Neutöner Arnold Schönberg schloss einst mit einem «Verein für musikalische Privataufführungen» ein breites Publikum aus, weil es seiner Ansicht nach die Integrität des Werks störte.
Ich höre das zum ersten Mal. Aber diese radikale Sicht leuchtet mir ein: Ich bestimme allein, was gut ist, und mache das in letzter Konsequenz. Das wäre aber nicht mein Weg, ich mache gerne populäre Musik. Dabei würde ich allerdings nie die Qualität opfern. Unlängst spielten wir in Genf eine Gala – mit der Big Band, 20 Streichern, aber auch mit einem richtigen Jazzer. Der Schlagzeuger Eric Harland spielte beim Swingklassiker «Sing, Sing, Sing». Als ich ihn anfragte, dachte ich, er werde mich auslachen, wo er doch sonst ganz komplexe Stücke spielt. Aber er sagte nur: «No problem.» Darum geht es: dass man nicht puristisch an die Sache herangeht.


Mussten Sie sich als ­Unterhaltungsmusiker nie verleugnen?
Der Jazz von John Coltrane ist nur mein Hobby. (lacht) Ich fühle mich nicht dazu geboren, ihn selber zu machen. Mir ging es auch beim Arrangieren so. Zu Beginn arrangierte ich selber. Dann lernte ich Spitzenarrangeure kennen, die intensiv in diesem Feld arbeiteten, und realisierte, dass ich nie in der Lage sein würde, so zu schreiben. Ich sehe meine Funktion anders – im Kontakt mit den besten Arrangeuren, denen ich meine Ideen unterbreite.


Swing spielt zwischen ernster und unterhaltender Musik. Hilft er Ihnen auf Ihrem stilistischen Mittelweg?
Ja. Ein Vorbild war übrigens Hazy Osterwald. Die alten Shows von Hazys Sextett sind auch für heutige Ohren immer noch unfassbar gut. Auch uns hilft die Qualität unserer Swingmusik über vieles hinweg. Ich schielte nie auf andere, die mehr verdienten oder mehr Erfolg hatten, wie jetzt etwa die Schlagersängerin Beatrice Egli. Sie kommt mit zwei Tänzern und Play-back – und erhält die gleiche Gage wie ich mit der Bigband. Aber was hätte ihre Musik mit mir zu tun?
Pepe Lienhards Laufbahn enthält Glamouröses, und man versteht, warum die Schweizer Boulevardpresse ihn liebt. Auch diese Liebe begann mit «Swiss Lady»: Mit diesem Song wurde Lienhard in ganz Europa herumgereicht. In den 80er-Jahren begleitete er in Monaco Frank Sinatra, Harry Belafonte und Sammy Davis Jr.; mit Udo Jürgens spielte er dann 15 Tourneen, bei der ersten 156 Konzerte. «Danach hatte ich finanziell zwei Jahre Ruhe», erzählt er. Bei der letzten Tournee standen noch fast 50 Konzerte an, für 23 musste man nach Jürgens’ Tod rund 180 000 Tickets zurückerstatten.
Wesentlich für Lienhards Erfolg ist auch die seit fast 40 Jahren andauernde Zusammenarbeit mit dem Zürcher Unterhaltungstycoon Freddy Burger, der als König des Schweizer Showbusiness gilt: Er betreute viele Schweizer Musiker, Les Sauterelles, Hazy Osterwald, den Schauspieler Walter Roderer und auch Rolf Knie.


Ist die Schweizer ­Unterhaltungsbranche bürgerlich?
Eher bürgerlich und konservativ, ja. Ich kenne die «andere» Kulturszene auch, wohingegen Freddy überhaupt keine Berührung mit ihr hat. Er war, glaube ich, noch nie im Moods. Ist ja auch nicht nötig, ihn interessiert das halt nicht.

«Ich war nie gegen die Armee, bin aber sicher kein Militärgrind.»


Sie selbst haben lange die Swiss Army Big Band geführt.
Da musste ich keine Sekunde lang überlegen, bevor ich zusagte. Meine einzige Bedingung war, dass mir niemand dreinredet. Ich war nie gegen die Armee, bin aber sicher kein Militärgrind.


Kann man in der U-Musik nur oben sein, wenn man ein Management hinter sich weiss?
Mit Sicherheit. In meinem Fall wären nur schon meine zwei Hauptinteressen kollidiert: Udo Jürgens und die eigene Big Band. Das wäre nicht gegangen ohne Management – und zwar ohne ein gemeinsames Management. Hätte einer mich gemanagt und ein anderer Udo, die hätten über kurz oder lang Streit bekommen. Heute kommt noch anderes hinzu: So sind etwa die Verträge für Auslandsauftritte von Grossformationen eine Wissenschaft für sich. Es gibt auch laufend neue Regelungen im Zusammenhang mit der EU. Wenn du da nicht à jour bist, ruiniert dich das.
Gibt es eigentlich die enge Verbindung zum Schweizer Radio und Fernsehen noch, die das Showgeschäft früher kennzeichnete?
Hazy Osterwald hatte jede Woche eine Radiosendung. Davon kann man nur noch träumen. Wir waren die Letzten, die am Schweizer Fernsehen noch Leute wie Joe Cocker oder Whitney Houston live begleiten konnten. Nachher arbeiteten die Stars nur noch mit Playback.

«Du kannst die Leute nicht bei schönen Gschichtli in die gute Stube bitten, und wenn's nicht rundläuft, sagst du: No comment!»


Und die Boulevardpresse? Braucht es die Liaison mit ihr, um bekannt zu bleiben?
Ich denke schon. Ich schottete mich nie ab, setzte aber Regeln: Keine Föteli in der Badewanne und im Schlafzimmer. Nur: Du kannst die Leute nicht bei schönen Gschichtli in die gute Stube bitten, und wenns nicht rundläuft, sagst du: No comment! Bei der Scheidung waren sie dann halt auch da. Das ist part of the game. Das habe ich schon als Kind verinnerlicht: Im Laden meiner Mutter waren wir angehalten, freundlich zu sein. Wir sagten allen Grüezi, auch, wenn wir die Leute vielleicht nicht mochten.


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Montag, 7. März 2016, 02:15

Ein weiteres, aktuelles Interview wurde nun bei bluewin.ch veröffentlicht:




Pepe Lienhard: «Ich vermisse Udo Jürgens immer noch»

Pepe Lienhard begleitete Superstar Udo Jürgens fast vier Jahrzehnte lang auf der Bühne. Mit Bluewin spricht der Schweizer Big-Band-Leader über sein schlimmstes Konzert, Starallüren und wie er die Musik von Adele findet.


Pepe Lienhard, Ihre aktuelle Tournee «Swing Live» ist auch eine Hommage an Udo Jürgens. Was würden Sie ihm sagen, käme er jetzt zur Tür rein?

Pepe Lienhard: Schön, bist Du wieder da. Wir vermissen ihn auch über ein Jahr nach seinem Tod immer noch sehr. In den 37 Jahren unserer Zusammenarbeit haben wir nicht nur musikalisch viel miteinander erlebt, sondern sind auch enge Freunde geworden. Sein plötzlicher Tod war ein Schock.

Gibt es einen Rat oder ein Motto von Udo, das nach seinem Tod für Sie heute besonders wichtig ist?


Udos Respekt vor den Zuhörern war enorm. Er sagte nie, «das ist ein schlechtes Publikum» oder «die Akustik in diesem Saal ist mies», wenn es mal nicht so gut lief. So was hat er nie gelten lassen. Udos Einstellung war, dass es alleine an ihm und uns Musikern lag, ob das Publikum begeistert war oder nicht. Und er hat es immer geschafft, die Leute in seinen Bann zu ziehen, egal wie schwer die Bedingungen waren.

Im Dokfilm «Der Mann, der Udo Jürgens ist» ist genau ein solch schwieriges Konzert zu sehen.

Ou ja, das war das schlimmste in all den vielen Jahren. Ein reicher Unternehmer hat Udo und uns für seine Geburtstagsgala engagiert. Während des Auftritts spielten Kinder Ringelreihe vor der Bühne und die Gäste an den Tischen nahmen überhaupt keine Notiz von Udo, es war furchtbar.

Und trotzdem standen am Ende die Leute vor der Bühne und sangen mit.

Ja. Er wäre damals zwar wirklich fast davon gelaufen, aber ich sagte ihm, das ziehen wir jetzt durch. Also kämpfte er um das Publikum. Später wollte Udo die Passage aus dem Dokfilm rausschneiden lassen, überlegte es sich dann aber anders. Zum Glück! Denn genau in dieser Sequenz kann man sehen (ab Minute 44:49), was für ein unglaublicher Künstler Udo war.

Wie macht man denn das, um ein Publikum kämpfen?

Die Lieder von Udo sind einfach gut und sein Repertoire war riesig. Wenn er merkte, dass die Zuhörer noch nicht ganz bei ihm waren, stellte er das Programm kurzerhand um. Hatte er beispielsweise ein Publikum in Festlaune vor sich, belästigte er es nicht mit Balladen. Und Stücke wie «Ich war noch niemals in New York» sind einfach so genial, dass er damit sogar Leute begeistern konnte, die ihn nicht kannten und kein Deutsch verstanden.

Nervt Sie das?

Schon etwas. Ich bin ein positiver Mensch – aber das ist bei Weitem nicht alles. Ich kann sehr reflektiert oder melancholisch und wütend sein. Die verschiedenen Facetten machen die Menschen doch gerade spannend. Mit Schubladendenken kann ich nichts anfangen.

Ein Klischee besagt: Je grösser der Star, umso mehr Allüren zeigt er.

Das habe ich nie so erlebt, jedenfalls nicht bei den ganz Grossen wie Frank Sinatra oder Sammy Davis Jr., mit denen ich gearbeitet habe. Vielmehr sind es manchmal Leute aus der Entourage der Künstler, die glauben, sich aufspielen zu müssen. Und dann heisst es, der Star ist so.

Als Bandleader geben Sie bei Ihren Musikern den Ton an. Welche Qualitäten sind da gefragt?

Zum Thema Führung gibt es ja Kurse wie Sand am Meer. Einer aber, der das nicht schon in sich drin hat, kann hundert solcher Kurse besuchen und die Angestellten fahren immer noch Schlitten mit ihm.

Ihnen liegt das Führen also im Blut?

Ja. Ich habe schon in der Schule gesagt, wer im Goal steht und als Zwölfjähriger eine Band mit Musikern geleitet, die alle älter waren als ich. Natürlich habe ich Fehler gemacht und bin mit der Erfahrung besser geworden. Aber die grundsätzlichen Führungsqualitäten kann man nicht lernen, das ist eine Gabe.

Sie erwähnten Frank Sinatra, wie Udo ein Entertainer aus einer vergangenen Zeit, wie es scheint. Gibt es Künstler von diesem Format heute noch?

Die Musikszene hat sich schon wahnsinnig verändert. Früher galt: Je besser jemand singt, umso bekannter ist er. Das ist heute nicht mehr unbedingt so, manchmal genügt auch einfach ein spektakuläres Video. Doch neben Altstars wie Barbara Streisand oder Liza Minelli, die immer noch auf der Bühne stehen, gibt es auch grossartige jüngere Künstler: Diana Krall, Michael Bublé , Adele. Die Musik von Adele finde ich zwar nach dem dritten Stück eher langweilig. Aber ich respektiere die Qualität ihrer Arbeit, sie singt wunderbar und hat Charakter.

Musik ist Ihr Leben. Welche Bedeutung hat denn Stille für Sie?


Eine sehr grosse! Pausen sind wichtig, in der Musik wie im Alltag. Diese ständige musikalische Dauerberieselung in Kaufhäusern und Restaurants beispielsweise geht mir mächtig auf den Kecks. Vor ein paar Jahren begleitete ich meine Töchter in einen Kleiderladen…

… mit dröhnend lautem Sound?

Genau. Ich ging zur jungen Verkäuferin hin und fragte sie, wie sie das den ganzen Tag lang nur aushalte. Sie schaute mich gross an und sagte: «Ich höre die Musik gar nicht mehr». Dabei mussten wir fast schreien, um uns zu verstehen!

Gibt es noch einen musikalischen Wunsch, den Sie sich erfüllen möchten?

Ich gehe nicht hin und plane, mit wem ich noch alles auf der Bühne stehen will. Ob etwas klappt oder nicht, hängt oft auch vom Glück ab. Natürlich würde ich sehr gerne mit Barbara Streisand zusammen spielen. Doch das wird wohl kaum passieren. Ich finde es schön, auch in meinem Alter noch Wünsche zu haben. Das zeigt, dass man lebt.

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Mittwoch, 23. März 2016, 09:11

Zum heutigen 70. Geburtstag gibt es eine Vielzahl weiterer Berichte und Interviews über und mit Pepe Lienhard, bspw. auch bei der Neuen Zürcher Zeitung. Dort gibt es auch einen ersten kleinen, sehr interessanten Ausblick auf die Hommage an Udo Jürgens während seiner "Swing Live"-Tour, die offenbar Gänsehaut-Momente verspricht :



Ein Leben in Dur

Pepe Lienhard ist einer der bekanntesten Schweizer Unterhaltungsmusiker. Fast vierzig Jahre lang begleitete er Udo Jürgens. Damit wurde er im ganzen deutschen Sprachraum populär. Aber nicht nur damit.

Das Treffen findet im «Mascotte» statt, das im Januar sein Hundertjähriges feierte. Der Klub am Zürcher Bellevue ist Pepe Lienhard also dreissig Jahre voraus. Heute, am 23. März, wird Lienhard siebzig. Mit dem «Mascotte» am Zürcher Bellevue verbinden ihn viele Erinnerungen. Hier ist er öfter als irgendwo sonst aufgetreten. Und im Corso-Gebäude hatte Udo Jürgens, den Pepe Lienhard mit seiner Band jahrelang begleitete, seine Stadtwohnung.

Seit vier Jahren wohnt Lienhard mit seiner Ehefrau in Frauenfeld, in einem Riegelbau aus dem 17. Jahrhundert, und er ist des Lobes voll über die thurgauische Kantonshauptstadt. Überhaupt kann man sich nicht vorstellen, dass Pepe Lienhard über etwas oder jemanden auch nur ein einziges abfälliges Wort verlieren könnte. Er hat sich für ein Leben in Dur entschieden.

Keine Sehnsucht nach Acapulco

Und für ein Leben mit seiner Big Band. Die Standard-Big-Band-Besetzung besteht aus 17 Musikern: 4 Trompeten, 4 Posaunen, 5 Saxofonen und der Rhythmusgruppe mit Klavier, Bass, Schlagzeug und Gitarre. Die Pepe Lienhard Band zählt 14 Musiker, für Tourneen wird das Orchester aufgestockt. Lienhard reist fürs Leben gern. Auszuwandern wie seinerzeit der legendäre Bandleader Teddy Stauffer, der sein Glück in Acapulco fand, das konnte er sich allerdings nie vorstellen. Er ist Schweizer mit Leib und Seele, und er möchte nirgendwo sonst wohnen. Nie träumte er davon, eines fernen Tages im Alter – wenn er nicht mehr Musik machen kann oder will – an der Sonne zu hocken in Thailand, in Spanien oder Portugal.

Schon als Kantonsschüler und während des Studiums leitete er eine Amateur-Big-Band. Seinen Manager Fredy Burger lernte er 1967 kennen; dieser überredete Lienhard quasi dazu, ins Profi-Lager zu wechseln. Das Vorbild war damals Hazy Osterwald, der ebenfalls im «Mascotte» spielte. «Hazy hatte phantastische Jazzmusiker», erzählt Lienhard, «sein Saxofonist Dennis Armitage spielte wie Zoot Sims. Und dann machten sie natürlich Show. Auch darin war er mir immer ein Vorbild, als Unterhaltungsmusiker. Ich wollte ja auch Unterhaltungsmusik machen, und das mit den besten Musikern. Komik funktionierte aber nicht bei uns. Bei Hazy spielte der kürzlich verstorbene Schlagzeuger John Ward. Bei ihm wälzte sich das Publikum vor Lachen auf dem Boden.» Sich selbst betrachtet Pepe Lienhard als typischen Schweizer. Seine lange Karriere, sagt er, gründe auch auf den überall geschätzten Schweizer Qualitäten: Höflichkeit, Disziplin, Pünktlichkeit. Natürlich müsse man auch gut spielen. Aber gut spielen, das machten viele andere auch. Da ist sie wieder, die für ihn typische, liebenswürdige Anerkennung der Leistung anderer. Bezeichnend auch, dass er das Wort Bescheidenheit nie in den Mund nimmt, um sie dann unter die hervorragenden Schweizer Qualitäten zu reihen.

"Swiss Lady",mit dem Pepe Lienhard 1977 am Eurovision Song Contest in London den sechsten Platz holte und mit dem er unbezahlbare Werbung für die Schweiz machte, war deshalb fast so etwas wie der logische Hit. Damals – als Disco im Zuge von «Saturday Night Fever» Europa überrollte – agierte die Pepe Lienhard Band als Coverband, wie man heute sagen würde. Sie trat im «Mascotte» und in diversen Dancings in der Schweiz auf, in Deutschland und bis hinauf nach Schweden. «Wir spielten die Hitparade rauf und runter, natürlich auch Disco-Titel, aber Eurovision war anders. Das fanden alle schon damals eigentlich ‹en furchtbare Seich›. Und doch haben es sich alle angeschaut, wie heute.»
Die Idee zu «Swiss Lady», so erklärt Lienhard, stammte von Peter Reber (von Peter, Sue & Marc). «Er wusste, dass wir über einen Musiker verfügten – den Perser Mostafa, der super Alphorn spielt. Schnell merkten wir, dass die ‹Swiss Lady› die definitiv zündende Nummer war, und reichten sie für die Schweizer Vorausscheidung als einzigen Titel ein. Wir gewannen auch locker, und nach dem Wettbewerb ging die ‹Swiss Lady› sogar international ab.» Keine Frage, für solcherlei Swissness mit Alphorn schuldet Swiss Tourismus Pepe Lienhard und dem Komponisten Peter Reber wenn schon kein Geld, dann wenigstens lebenslang Dank.

Tiefe Bewunderung hegt der Swing-Liebhaber Lienhard für Frank Sinatra und Sammy Davis Jr. Ihn begleitete er mit seiner Band zweimal – einmal in Monte Carlo und einmal anlässlich der Eröffnung des Kasinos Hohensyburg bei Dortmund. «Sammy alberte mit den Musikern herum, Sinatra war sehr höflich, distinguiert und hochprofessionell. Er diskutierte mit uns über die musikalischen Belange und verschwand dann mit seiner Entourage, während Sammy Davis sich noch kollegial zu uns setzte. Aber für mich bleibt Sinatra der Grösste, seine einmalige Phrasierung beeindruckte selbst einen Miles Davis.»

In Pepe Lienhards «Musicland», einer Sendung des Schweizer Fernsehens, sang die hierzulande damals noch völlig unbekannte 17-jährige Whitney Houston zwei Titel: «Someone for Me» und «All at Once». Und zwar live, entgegen der Empfehlung ihres Managers, der auf Playback gedrängt hatte. «Sie sah bombenmässig aus und war ein absoluter Darling ohne Allüren, eine Jahrhundertstimme. Ihr Schicksal macht mich sehr traurig. Ein Jahr später kam sie auf Tournee in die Schweiz, und ich dachte naiv, jetzt gehe ich der Whitney in Zürich ‹go sali säge›, schliesslich waren wir bei derselben Plattenfirma, aber da wurde sie schon unerbittlich abgeschirmt. Man sagte mir, ein Treffen könne ich glatt vergessen.»
Auf die Frage, welche Jazzsängerin er am meisten schätze, antwortet er ohne Zögern: «Sarah Vaughan!» Auch sie hat er begleitet, genauso wie die stupend swingende Anita O'Day.

Die Heroen des Swing

Viel Zeit, seinen siebzigsten Geburtstag zu feiern, bleibt Pepe Lienhard nicht. Als Nächstes steht für ihn und seine Big Band die Tournee «Swing Live» auf dem Plan. Vom 11. bis zum 20. April führt sie, sängerisch unterstützt von der Amerikanerin Dorothea Lorene und dem Kanadier Kent Stetler, durch die Schweiz und die Hits von Quincy Jones, Count Basie, Glenn Miller und Benny Goodman, den Heroen des klassischen Swing.

Nicht zuletzt kommt aber auch eine musikalische Hommage an den verstorbenen Freund und langjährigen Weggefährten Udo Jürgens zur Aufführung. Besonders freut sich Lienhard auf Udos Ballade «If I Never Sing Another Song», die Dorothea Lorene singen wird. Jürgens schrieb den Titel für Frank Sinatra, der ihn an Sammy Davis Jr. weitergab. Diesem diente er als Abschiedsnummer. «‹If I Never Sing Another Song› zeigt die internationale Klasse von Udo Jürgens. Und mir war die Vorstellung sehr wichtig, dass Udo auf den Block mit seinen Kompositionen stolz wäre.»


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Freitag, 23. September 2016, 00:00

Pepe Lienhard war in der Sendung "heute leben" des ORF' zu Gast und beantwortete sehr sympathisch die ihm gestellten Fragen, die sich - wie sollte es anders sein - hauptsächlich um Udo Jürgens drehten. Der Link zu diesem Beitrag in der Mediathek ist leider nur noch wenige Tage aufrufbar:


Jürgens-Vertrauter Pepe Lienhard in "heute leben"


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Montag, 26. September 2016, 12:57

Pepe Lienhard wird in der nächsten Ausgabe der Sendung "Willkommen bei Carmen Nebel " auftreten und angeblich mit einer Überraschung aufwarten... Ausgestrahlt wird die Show live am Samstag, 01.10.2016 um 20.15 Uhr im ZDF. Hier ein Ausschnitt der Presseinformation dazu:


"[...] Fans von Andrea Berg, David Garrett und Roland Kaiser dürfen sich gleich doppelt freuen: Die drei Stars präsentieren in der Gala nicht nur ihre neuen Hits, gemeinsam mit Pepe Lienhard und dessen "Udo-Jürgens-Big-Band" haben sie für die Zuschauer eine ganz besondere Überraschung vorbereitet. [...]"