Zum heutigen 70. Geburtstag gibt es eine Vielzahl weiterer Berichte und Interviews über und mit Pepe Lienhard, bspw. auch bei der
Neuen Zürcher Zeitung. Dort gibt es auch einen ersten kleinen, sehr interessanten Ausblick auf die Hommage an Udo Jürgens während seiner
"Swing Live"-Tour, die offenbar Gänsehaut-Momente verspricht :
Ein Leben in Dur
Pepe Lienhard ist einer der bekanntesten Schweizer Unterhaltungsmusiker. Fast vierzig Jahre lang begleitete er Udo Jürgens. Damit wurde er im ganzen deutschen Sprachraum populär. Aber nicht nur damit.
Das Treffen findet im «Mascotte» statt, das im Januar sein Hundertjähriges feierte. Der Klub am Zürcher Bellevue ist Pepe Lienhard also dreissig Jahre voraus. Heute, am 23. März, wird Lienhard siebzig. Mit dem «Mascotte» am Zürcher Bellevue verbinden ihn viele Erinnerungen. Hier ist er öfter als irgendwo sonst aufgetreten. Und im Corso-Gebäude hatte Udo Jürgens, den Pepe Lienhard mit seiner Band jahrelang begleitete, seine Stadtwohnung.
Seit vier Jahren wohnt Lienhard mit seiner Ehefrau in Frauenfeld, in einem Riegelbau aus dem 17. Jahrhundert, und er ist des Lobes voll über die thurgauische Kantonshauptstadt. Überhaupt kann man sich nicht vorstellen, dass Pepe Lienhard über etwas oder jemanden auch nur ein einziges abfälliges Wort verlieren könnte. Er hat sich für ein Leben in Dur entschieden.
Keine Sehnsucht nach Acapulco
Und für ein Leben mit seiner Big Band. Die Standard-Big-Band-Besetzung besteht aus 17 Musikern: 4 Trompeten, 4 Posaunen, 5 Saxofonen und der Rhythmusgruppe mit Klavier, Bass, Schlagzeug und Gitarre. Die Pepe Lienhard Band zählt 14 Musiker, für Tourneen wird das Orchester aufgestockt. Lienhard reist fürs Leben gern. Auszuwandern wie seinerzeit der legendäre Bandleader Teddy Stauffer, der sein Glück in Acapulco fand, das konnte er sich allerdings nie vorstellen. Er ist Schweizer mit Leib und Seele, und er möchte nirgendwo sonst wohnen. Nie träumte er davon, eines fernen Tages im Alter – wenn er nicht mehr Musik machen kann oder will – an der Sonne zu hocken in Thailand, in Spanien oder Portugal.
Schon als Kantonsschüler und während des Studiums leitete er eine Amateur-Big-Band. Seinen Manager Fredy Burger lernte er 1967 kennen; dieser überredete Lienhard quasi dazu, ins Profi-Lager zu wechseln. Das Vorbild war damals Hazy Osterwald, der ebenfalls im «Mascotte» spielte. «Hazy hatte phantastische Jazzmusiker», erzählt Lienhard, «sein Saxofonist Dennis Armitage spielte wie Zoot Sims. Und dann machten sie natürlich Show. Auch darin war er mir immer ein Vorbild, als Unterhaltungsmusiker. Ich wollte ja auch Unterhaltungsmusik machen, und das mit den besten Musikern. Komik funktionierte aber nicht bei uns. Bei Hazy spielte der kürzlich verstorbene Schlagzeuger John Ward. Bei ihm wälzte sich das Publikum vor Lachen auf dem Boden.» Sich selbst betrachtet Pepe Lienhard als typischen Schweizer. Seine lange Karriere, sagt er, gründe auch auf den überall geschätzten Schweizer Qualitäten: Höflichkeit, Disziplin, Pünktlichkeit. Natürlich müsse man auch gut spielen. Aber gut spielen, das machten viele andere auch. Da ist sie wieder, die für ihn typische, liebenswürdige Anerkennung der Leistung anderer. Bezeichnend auch, dass er das Wort Bescheidenheit nie in den Mund nimmt, um sie dann unter die hervorragenden Schweizer Qualitäten zu reihen.
"Swiss Lady",mit dem Pepe Lienhard 1977 am Eurovision Song Contest in London den sechsten Platz holte und mit dem er unbezahlbare Werbung für die Schweiz machte, war deshalb fast so etwas wie der logische Hit. Damals – als Disco im Zuge von «Saturday Night Fever» Europa überrollte – agierte die Pepe Lienhard Band als Coverband, wie man heute sagen würde. Sie trat im «Mascotte» und in diversen Dancings in der Schweiz auf, in Deutschland und bis hinauf nach Schweden. «Wir spielten die Hitparade rauf und runter, natürlich auch Disco-Titel, aber Eurovision war anders. Das fanden alle schon damals eigentlich ‹en furchtbare Seich›. Und doch haben es sich alle angeschaut, wie heute.»
Die Idee zu
«Swiss Lady», so erklärt Lienhard, stammte von Peter Reber (von Peter, Sue & Marc). «Er wusste, dass wir über einen Musiker verfügten – den Perser Mostafa, der super Alphorn spielt. Schnell merkten wir, dass die ‹Swiss Lady› die definitiv zündende Nummer war, und reichten sie für die Schweizer Vorausscheidung als einzigen Titel ein. Wir gewannen auch locker, und nach dem Wettbewerb ging die ‹Swiss Lady› sogar international ab.» Keine Frage, für solcherlei Swissness mit Alphorn schuldet Swiss Tourismus Pepe Lienhard und dem Komponisten Peter Reber wenn schon kein Geld, dann wenigstens lebenslang Dank.
Tiefe Bewunderung hegt der Swing-Liebhaber Lienhard für Frank Sinatra und Sammy Davis Jr. Ihn begleitete er mit seiner Band zweimal – einmal in Monte Carlo und einmal anlässlich der Eröffnung des Kasinos Hohensyburg bei Dortmund. «Sammy alberte mit den Musikern herum, Sinatra war sehr höflich, distinguiert und hochprofessionell. Er diskutierte mit uns über die musikalischen Belange und verschwand dann mit seiner Entourage, während Sammy Davis sich noch kollegial zu uns setzte. Aber für mich bleibt Sinatra der Grösste, seine einmalige Phrasierung beeindruckte selbst einen Miles Davis.»
In Pepe Lienhards «Musicland», einer Sendung des Schweizer Fernsehens, sang die hierzulande damals noch völlig unbekannte 17-jährige Whitney Houston zwei Titel: «Someone for Me» und «All at Once». Und zwar live, entgegen der Empfehlung ihres Managers, der auf Playback gedrängt hatte. «Sie sah bombenmässig aus und war ein absoluter Darling ohne Allüren, eine Jahrhundertstimme. Ihr Schicksal macht mich sehr traurig. Ein Jahr später kam sie auf Tournee in die Schweiz, und ich dachte naiv, jetzt gehe ich der Whitney in Zürich ‹go sali säge›, schliesslich waren wir bei derselben Plattenfirma, aber da wurde sie schon unerbittlich abgeschirmt. Man sagte mir, ein Treffen könne ich glatt vergessen.»
Auf die Frage, welche Jazzsängerin er am meisten schätze, antwortet er ohne Zögern: «Sarah Vaughan!» Auch sie hat er begleitet, genauso wie die stupend swingende Anita O'Day.
Die Heroen des Swing
Viel Zeit, seinen siebzigsten Geburtstag zu feiern, bleibt Pepe Lienhard nicht. Als Nächstes steht für ihn und seine Big Band die Tournee «Swing Live» auf dem Plan. Vom 11. bis zum 20. April führt sie, sängerisch unterstützt von der Amerikanerin Dorothea Lorene und dem Kanadier Kent Stetler, durch die Schweiz und die Hits von Quincy Jones, Count Basie, Glenn Miller und Benny Goodman, den Heroen des klassischen Swing.
Nicht zuletzt kommt aber auch eine musikalische Hommage an den verstorbenen Freund und langjährigen Weggefährten Udo Jürgens zur Aufführung. Besonders freut sich Lienhard auf Udos Ballade «If I Never Sing Another Song», die Dorothea Lorene singen wird. Jürgens schrieb den Titel für Frank Sinatra, der ihn an Sammy Davis Jr. weitergab. Diesem diente er als Abschiedsnummer. «‹If I Never Sing Another Song› zeigt die internationale Klasse von Udo Jürgens. Und mir war die Vorstellung sehr wichtig, dass Udo auf den Block mit seinen Kompositionen stolz wäre.»
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