Aus den Sternstunden wurde eine einzige Sternstunde
Die Fans hatten tief in die Tasche gegriffen, schließlich kann man nicht jedes Silvester Udo Jürgens live auf der Bühne erleben.
Was einem jedoch 3 Stunden lang vor Udo's Auftritt geboten wurde, war keine der 555,50 DM wert. Bars zu denen man sich im Halbdunkel über Treppen hinweg vortasten mußte, Sessel mit kleinen Klapptischen, die eher Kinoatmosphäre aufkommen ließen als Partystimmung und drittklassige Künstler ausgenommen der Comedian Harmonists zu Beginn, ließen schon früh den Unmut vieler Gäste laut werden. Viele Berliner hatten jedoch einen guten Riecher, weil anstatt der 1500 erwarteten Gäste sich gerade mal 300 eingefunden hatten.
Ein Lob gilt vor allem dem Publikum, das teilweise peinliche Vorführungen (z. B. einer Kabarettgruppe oder der Magier) fast widerspruchslos über sich ergehen ließ. Bereits zur Pause, vor Udo's Auftritt, machte einige Besucher, die nicht nur wegen Udo gekommen waren ihren Ärger Luft und meinten, daß sie selten bei einer Veranstaltung so danebengegriffen hatten. So eine Pleite habe man selten erlebt.
Als um 23.00 Uhr dann Udo's Stimme hinter der Bühne erklang, begann das Publikum aufzutauen und begrüßte ihn mit tosendem Applaus.
Udo versprach sein Bestes zu geben, wobei ein fast leerer Saal nicht gerade ermutigend wirkte. Umso mehr war zu bewundern, dass Udo auch vor kleinem Publikum alles gab. Aufgrund der Titelauswahl fiel es Udo jedoch nicht schwer das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Das typische Gala-Programm mit Liedern wie "Zärtlicher Chaot" und "Schenk mir noch eine Stunde". Der Silvesternacht entsprechend durften natürlich Songs wie "In den Armen der Nacht", "Bleib doch bis zum Frühstück", "Champagner regnet vom Himmel" und "Schenk mir noch eine Stunde" (auch diesmal wieder mit Billy Kudjoe's Stepeinlage) nicht fehlen. Ein Lied sang Udo zum Leidwesen einiger Fans nicht, das so gut zum Veranstaltungstitel gepaßt hätte: "Sternstunden".
Kurz vor Mitternacht kam es dann zum Höhepunkt. Nach dem Klassiker "Aber bitte mit Sahne" ließ er das Jahr - in Anspielung auf die im Jahr 2000 stattfindende Tournee - mit "Ich werde da sein" ausklingen. Die letzten Sekunden des Jahrtausends zählte Udo herunter. Nach einer kurzen Ansprache spielte er als Zugabe "Tausend Jahre Glück", solo am Klavier.
Danach verschwand Udo eilig von der Bühne, da er im Saal nebenan einen weiteren Auftritt in der ZDF-Show zu absolvieren hatte.
Fazit: Was bleibt als Fazit? Ein ganz fahler Nachgeschmack. Nur Udo's Auftritt rechfertigte das Motto dieser Veranstaltung Sternstunden. Wie erbärmlich dieser Abend vom Veranstalter organisiert war, zeigt eine Begebenheit am Bühnenrand kurz vor Mitternacht. Ein Fan mußte Udo ein Glas Sekt reichen, damit er etwas zum anstossen hatte. Wer sich sich die Eintrittskarte nicht leisten konnte oder wollte, hat bis auf Udo's Sternstunde nichts versäumt. (hg)