Nicht nur für die weithergereisten Udo Fans war der Auftritt am 1.7.2001 in der Wiener Staatsoper etwas Einmaliges, nein auch für Udo Jürgens persönlich war dieses Konzert wohl ein Meilenstein in seinem Wirken und Schaffen. Über 3 Stunden, davon 160 Minuten (!) reine Spielzeit, begeisterte der Entertainer sein Publikum. Bekannte Hits wechselten mit Liedern ab, die man schon lange nicht mehr gehört hatte, die zwar nicht in Vergessenheit geraten sind - aber wo man als Udo Jürgens Fan geglaubt hatte, man werde diese Juwelen nie mehr live hören können.
Es war 20.02 Uhr an diesem Sommerabend als Udo Jürgens die Bühne betritt - jene Bühne in einem der renommiertesten Häuser der Welt, die normalerweise nur der klassischen Muse vorbehalten ist. Frenetischer Applaus schlägt Udo entgegen, die Oper ist bis auf den letzten Platz ausgebucht. Für viele der Zuhörer war es sicherlich das erste Mal jene Hallen zu betreten, die man nur vom Hörensagen bzw. maximal vom Opernball im TV her kennt.
Bereits mit den ersten Tönen von "Was wichtig ist" zieht Udo das Publikum in seinen Bann und läßt danach den Swing " Ladies and Gentlemen" folgen. Vor dem Titel "Sänger in Ketten" erläutert er dessen Entstehung, wonach dieser aufgrund einer wahren Begebenheit und Aussage Harry Belafontes beruht. Mit drei Songs aus den letzten Tourneen fährt er fort (Alles was gut tut, Bote aus besseren Welten und Humtata und Tätärä).
Danach läßt er es sich nicht nehmen, den für ihn wohl wichtigsten Gast des Abends - Marcel Prawy - zu begrüßen, der extra aus Paris angereist ist. Marcel Prawy ist der größte Musikhistoriker und -kritiker weltweit und für Udo ist es eine große Ehre, einen derart anerkannten Fachmann in seinem Publikum vorzufinden. Natürlich sind viele weitere Ehrengäste anwesend, sowie Sohn Jonny, Tochter Jenny samt Ehegatten und sogar Tochter Sonja.
Nach dem musikalischen Zwiegespräch "Hast Du heute schon gelebt" wird es etwas rhythmischer mit dem "ehrenwerten Haus":
Wie schon durch die Tournee bekannt, integriert Udo beim "gekauften Drachen" Christian Fink mit ins Programm, worauf deren beiden, aus vielen Galas, unter anderem Wiener Konzerthaus, bekannte Klassiker wie "Thema in Blau/Glut und Eis", "Auf der Straße der Vergessenheit" und "Gehet hin und vermehret Euch" in gewohnter professioneller Art folgen. Nach einigen Takten aus "Mit 66 Jahren ist noch lange nicht Schluss" kommt Udo zu seiner wohl verdienten Pause.
"Ein Traumtänzer bin ich", so wird der 2. Teil dieses Marathonkonzertes eingeleitet. "Hallo ich bin´s ", die Geschichte eines kleinen Jungen, der von seinem Vater getrennt lebt und "Adler sterben" sind die darauffolgenden Songs.
Udo ist immer für eine Überraschung gut. So wählt er aus seinem Repertoire für eine Walzereinlage einen Titel aus den 70er Jahren - "Und da habe ich ihr das Leben gerettet". Für Insider mit Sicherheit ein Highlight des Konzertes, vor allem dessen Interpretation sorgen beim Publikum immer wieder für großes Vergnügen.
Nach "Vielen Dank für die Blumen" und "Mein größter Wunsch" läßt der neu arrangierte Song "Danke für dein Nein" die Herzen der Fans höher schlagen. "Ich war noch niemals in New York" darf natürlich nicht fehlen.
Seine Liebe und Dankbarkeit an "sein Wien" erweist er mit dem, von bestimmt allen Konzertbesuchern erhofften, gleichnamigen Lied. Wer glaubt mit dem Hit - Medley ("Cotton Fields", "Ihr von morgen" und "Liebe ohne Leiden") sei das Finale eingeleitet, täuscht sich.
Udo trumpft auf - "Da Capo". Bei dem letzten Ton hält es die Zuhörer nicht mehr auf den Stühlen. Standing Ovations - Beifallsstürme hallen durch die Oper.
Der richtige Zeitpunkt für die Evergreens wie "Griechischer Wein", "Aber bitte mit Sahne", "Zeig mir den Platz an der Sonne", "Ich weiß was ich will" und das legendäre "Merci Cherie".
Für Udo wäre jetzt das Konzert zu Ende gewesen, aber er macht die Rechnung ohne sein Publikum.
Zurück auf die Bühne und "Mehr als nur 4 Wände", "Mit 66 Jahren" und dem Wunschtitel seines Sohnes "Engel am Morgen". Zweiter Versuch von Udo mit "Warum nur warum" das Programm zu beenden - wiederum fehlgeschlagen!! Die Fans holen ihn abermals zurück. Ein Lied das hauptsächlich von Udo in Österreich gespielt wird, "Hier bin ich zu Hause".
An seine Anfänge in der Musik in den 50 er Jahren erinnert er sich, als er das ausdruckvolle und in dieser Art noch nicht gesehen bzw. gehörte "That lucky old sun" interpretiert.
Wie oft Udo danach nochmals auf die Bühne geholt wurde (jedoch ohne Zugaben) können wir leider nicht mehr nachvollziehen.
Es war für Udo und natürlich auch für die Udo Kenner, Freunde und Fans wohl mehr als nur ein Konzert an diesem lauen Sommerabend - es war etwas Einmaliges - etwas, was wahrscheinlich nicht mehr zu übertreffen ist, ein Konzert der absoluten Spitzenklasse - es war, und die Schreiber dieser Zeilen haben sehr viele Konzerte in den letzen Jahrzehnten gesehen - es war Udo´s Triumph!
P.S. Als man den Opernsaal betrat, waren dort zur Überraschung aller Besucher einige Fernsehkameras aufgebaut. Bei Nachfragen konnte man erfahren, dass dieses Konzert, wider vorheriger Meldungen, nun doch mitgeschnitten würde. Die Ausstrahlung dieses einmaligen Ereignisses ist zu Silvester 2001 geplant - der Sender - es ist der einzige österreichische Privatsender "ATV".
Hier gehts zu den Foto-Impressionen
Liedreihenfolge:
- Was wichtig ist
- Ladies and Gentlemen
- Sänger in Ketten
- Alles was gut tut
- Bote aus besseren Welten
- Humtata und Tätärä
- Hast Du heute schon gelebt
- Ein ehrenwertes Haus
- Der gekaufte Drachen
- Thema in Blau/Glut und Eis
- Auf der Straße der Vergessenheit
- Gehet hin und vermehret Euch
- Mit 66 Jahren (einige Takte)
Pause
- Traumtänzer
- Hallo ich bin´s
- Adler sterben
- Und dann habe ich ihr das Leben gerettet
- Vielen Dank für die Blumen
- Mein größter Wunsch
- Danke für dein Nein
- Ich war noch niemals in New York
- Wien
- Medley: Cotton Fields; Ihr von morgen; Liebe ohne Leiden
- Da Capo
- Medley: Griechischer Wein; Aber bitte mit Sahne; Zeig mir den Platz an der Sonne; Ich weiß, was ich will; Merci Cherie
- Medley: Mehr als nur 4 Wände; Mit 66 Jahren; Engel am Morgen; Warum nur warum
- Hier bin ich zu Hause
- That lucky old sun
Und die Presse schrieb...
Udo Jürgens gastierte in Wiener Staatsoper
Wien - Wenn ein Schlagersänger in den heiligen Hallen der Wiener Staatsoper ein Konzert gibt, ortet man unwillkürlich den Geruch von Unvereinbarkeit. Wenn es sich aber um den wohl erfolgreichsten und zugleich teuersten Star dieser Branche handelt, wenn er es für einen guten Zweck tut und vor allem, wenn er Udo Jürgens heißt, dann sei der vorauseilend-überheblichen Süffisanz Einhalt geboten. Sonntag Abend bewies Udo, dass Musik eines stigmatisierten Genres ein Kunstgenuss sein kann.
Engagement für Kinder
Die Udo Jürgens Stiftung hat es sich zum Ziel gesetzt, Kinder und Waisen in Not sowie ohne Bezugspersonen finanziell zu unterstützen und allgemein zu fördern. Im Stiftungskuratorium sitzen neben Udo Jürgens als Vorsitzendem u.a. Franz Beckenbauer, Bruder John Bockelmann und Manager Freddy Burger. Aus dem Verkauf neuer Udo Jürgens-Alben werden Beträge in die Stiftung einfließen, weitere Projekte sollen ebenfalls Einnahmen bescheren, wie eben dieses Konzert.
Udo unplugged
Das Publikumsinteresse war derart enorm, dass auf der Bühne vor und hinter dem Konzertflügel zusätzliche Stühle aufgestellt wurden. Udo Jürgens hautnah. Gleich zu Beginn stellte Professor Jürgens zwei Dinge klar. Da er den Abend ohne sein Leiborchester Pepe Lienhard Band bestreiten werde, dürfe man wohl von einem "Unplugged"-Konzert sprechen. Und wer auf seine obligaten Tanzeinlagen hoffe, werde enttäuscht sein, denn: "Sobald ich mich vom Flügel erhebe, ist die Musik aus."
Udo Jürgens ist wohl einer der Wenigen (oder der Einzige?), der dem wertschwachen Begriff Schlager schon seit jeher ein hochqualitatives Gütesiegel aufgedrückt hat. Dennoch: Der Abend verlief weit abseits vom Schlager. Gehaltvolle Chansons mit kritischen Texten und der für Jürgens typischen, aber gänzlich schmerzfreien Dosis Pathos wie "Der gekaufte Drachen" oder "Gehet hin und vermehret Euch" dominierten den beschaulichen Abend mit einer Nettospielzeit von 150 Minuten.
Euphorisches Publikum
Dass der Musikprofessor aus Kärnten gern und viel schwitzt, ist bekannt. Und weil es ihm das Publikum nachmachen wollte, gab es nach (fast) jeder Nummer standing ovations. Der 20-minütige Zugabenblock verwandelte den Raum schlussendlich doch in einen Hexenkessel. Bei "Aber bitte mit Sahne", "Zeig mir den Platz an der Sonne" und "Mit 66 Jahren" hielt es niemanden mehr auf dem Sitz. Ein Potpourri der größten Hits von Udo Jürgens - in Anwesenheit seiner Kinder Jenny und Johnny - beendete den Abend. Und alle Beteiligten haben Gutes getan. "Es ist schön, ein guter Mensch zu sein", sang Udo - in zwar völlig anderem, humorvoll-schlüpfrigem Kontext -, aber man kann das so stehen lassen
("Kurier" vom 2.7.2001)