Pressestimmen:
Udo Jürgens präsentiert sich auch im reifen Alter von 80 Jahren in Münster noch als Mann, der Ziele hat
Seine Lieder überstehen die Zeit
Für einen ganz kurzen Moment, als er die Blumen seiner Fans in Empfang nimmt, das huscht ein kleines bisschen Angst über sein Gesicht. Angst, die Hände seiner Fans könnten ihn von der Bühne ziehen. Angst, in die Menge zu fallen. Nur einmal an diesem Abend, in genau diesem Moment, wird den Gästen in der Halle Münsterland deutlich, dass der, der dort drei Stunden lang sein Publikum begeistert hat, ein alter Mann ist. Einer, der gerade seinen 80. Geburtstag gefeiert hat.
Udo Jürgens ist alt geworden. Aber alle Attribute, die junge Menschen oft mit dem Alter verbinden - vor denen sie selbst Angst haben, es könnte sie einmal treffen - die treffen auf Jürgens nicht zu. Er ist weder vergrämt, noch wirr oder gar gebrechlich. Schon gar nicht zerbrechlich. Er ist höchstens etwas vorsichtiger geworden, manche würde weise sagen. Er steht, und aus diesem Grund trägt die Tour auch den passenden Namen, immer noch „Mitten im Leben“. Und vielleicht deshalb begeistert dieser 80-jährige Mann nicht nur seine Generation, sondern auch die zahlreichen 20-, 30-, 40-, und 50-Jährigen, die am Samstag in die ausverkaufte Halle Münsterland gekommen sind, um ihn zu sehen, zu hören und ihn zu feiern.
Blauer Anzug, Weste, weißes Hemd, Krawatte und – wie immer bei seinen Konzerten - rotes Einstecktuch. Als Jürgens um 20 Uhr auf die Bühne tritt, gibt es Standing Ovations. Der Applaus ist so groß, andere Künstler würden am Ende eines Konzertes daraus resultieren, ihr Konzert sei ein Erfolg gewesen. Bei Udo Jürgens ist es die Begrüßung. Die Fans freuen sich auf seine Lieder und er singt „Die Welt braucht Lieder“.
„Eine gewaltige Erwartung kommt mir hier entgegen, wir wollen sie erfüllen. Alles was wir heute tun, soll mit Liebe geschehen”, sagt er und singt „Alles aus Liebe“. Mit dem Pepe Lienhard-Orchester hat Jürgens eine Band, die seiner Qualität als Sänger in nichts nachsteht. Eine große Projektion über der Bühne, wunderschöne Animationen, die zu seinen Liedern passen und ein Udo Jürgens in Übergröße am schwarzen Flügel auf der Leinwand. Ein Udo Jürgens braucht kein Feuerwerk auf der Bühne. Er ist es selbst. 20 Spitzenmusiker an seiner Seite zünden es immer wieder an.
In der ersten Hälfte spielt Jürgens viele neue Lieder. „Gewisse Sachen kommen später sowieso”, kündigt er an und alle wissen, von welchen gewissen Sachen er redet. Es sind die Hits wie „Ein ehrenwertes Haus“, „Ich war noch niemals in New York“ und „Immer wieder geht die Sonne auf“, die ihn berühmt gemacht haben, die er auf seinen Konzerten aber immer wieder neu arrangiert.
Jürgens bleibt ein kritischer Geist. Auf der Bühne ist er oft nachdenklich über das, was in der Welt geschieht. Seine Stimme ist nicht mehr so voll wie mit 20. Aber sie ist erfahren. Bei den Eltern im Publikum huschen Tränen übers Gesicht, wenn er “Ich will mit dir einen Drachen bauen” síngt und sein Welthit “Griechischer Wein” ist an diesem Abend kein Thekenschlager. Er ist eher traurig, getragen und erinnert an die Probleme der Flüchtlinge in unserer Zeit. Seine Lieder sind zeitlos. Sie passen so, wie sie vor 30, 40 oder 50 Jahren schon gepasst haben. Udo Jürgens ist zeitlos.
„Ziele braucht der Mensch“, sagt der Künstler, in der zweiten Konzerthälfte im schwarzen Anzug, und das auch er heute noch Ziele hat, die er am Samstag in seinem Lied “Mein Ziel” mit großartiger Unterstützung einer Geigerin aus Moskau dem Publikum präsentiert. Das Ziel vieler seiner Fans wird am Ende des Konzertes, als er in Jeans mit weißem Hemd über die Bühne joggt, sein, mit 80 noch so viel Energie zu haben, wie dieser Mann. Udo Jürgens ist und bleibt hoffentlich noch lange ein Phänomen der deutschen Musiklandschaft. Am 30.3.2015 ist er wieder in Münster.
Quelle: wn.de