Hallo,
erst mal - vielen Dank an Dich, Achim - wie von Dir gewohnt - eine kurzweilige und pointierte Beschreibung des Oberhausener Konzerts - Klasse... - ich beschreibe jetzt noch mal ausführlich meine Eindrücke von Köln und Oberhausen:
Wie von Achim beschrieben, war auch für mich das Oberhausener Konzert (hier insbesondere die erste Hälfte) ein absolutes Highlight - Udo wie ich ihn kenne und seit Jahrzehnten liebe. Die neue CD gefällt mir ja schon sehr gut – eine der besten Scheiben seit vielen Jahren. Dass die Live-Umsetzung viele Lieder noch mal aufgewertet haben, ist für mich eine tolle Überraschung.
In Köln war Udo ganz offensichtlich noch nicht ganz gesund. Sein Konzert war zwar absolut in Ordnung, aber es gab kleine Kritikpunkte, die in Oberhausen vom Tisch waren. Viele beklagen in den einschlägigen Foren Udos Textunsicherheiten. Auch wenn sich tatsächlich einige Fehler eingeschlichen haben, finde ich das angesichts der nicht kurierten Krankheit noch in Ordnung und allemal viiel besser als diese ätzenden Teleprompter, die den direkten Publikumskontakt doch sehr blockieren. Auch die belegte Stimme in Köln war sicher schade – aber dafür kann Udo nun wirklich nichts. Dass er trotzdem das Letzte aus sich rausholte, ehrt ihn.
Sehr kontrovers wird der Backgroundchor „the Voices“ gesehen. Ich persönlich mag den Chor sehr – ich gebe zu, sehr sympathisch und menschlich kommen sie nicht rüber – aber sie singen in bester „Bortho-Lucas-Chor“ und „Rosy-Singers“-Manier perfekten Satzgesang, was subjektiv mir lieber ist als Individual-Solisten, die aber das Mannschaftsspiel nicht beherrschen (, was definitiv keine Kritik an Stevie Woods oder Natascha Wright sein soll, sondern allgemein gemeint ist). Und wem der Chor nicht gefällt, der soll sich mal an Konzerte erinnern, bei denen nur eine einzige Sängerin (unterstützt von einem Effektgerät) im Hintergrund sang – nach meiner Erinnerung war das bei der „Geradeaus“-Tour der Fall? Ich erinnere mich nicht genau. Come Fly With Me – der Satzgesang war sehr toll und professionell – aber auch bei sehr vielen der neuen Lieder konnte der Chor mich überzeugen. Die aktuelle CD beinhaltet viele Songs, bei denen der Backgroundchor eine große Rolle spielt – es ist für mich daher nur folgerichtig, einen solchen Chor auch live einzusetzen.
Was das Gesamt-Programm angeht, ist festzustellen, dass Udo sehr viel aktuelles Material verwendet und (- da muss ich Fülli widersprechen -) vergleichsweise wenig „Hits“ eingebaut hat. Ich persönlich begrüße das sehr und bewundere Udo, dass er auch mit 77 Jahren sich immer wieder neu erfindet. Elton John z. B. tourt gerade mit seinen „greatest Hits“ – und es gibt sicher nicht wenige Menschen, die sich so was von Udo wünschen würden: Einfach ein Konzert – bestehend nur aus „Best Of“. Das wäre zwar abendfüllend, würde
mich aber wenig begeistern und zum Glück ist das auch nicht Udos Ansinnen – auch wenn ich von kompetenter Seite so einen Gedanken vernommen habe: Einfach mal ein Riiiiesen-Medley über eine halbe Stunde oder so mit ALLEN Hits. – Dass Udo selbst den „Griechischen Wein“ komplett auslässt, spricht schon Bände… Ich sage – gut so!
Drei Ansagen von Udo fand ich in Oberhausen bemerkenswert (in Köln sprach er ja nicht viel): Erstens gab er sich sehr selbstironisch mit dem Hinweis, dass in der ersten Hälfte die Hits Pause haben, weil dann keiner mehr zur zweiten Hälfte kommt – diese Selbstironie trifft voll mein Humorzentrum – Klasse!!
Eine Ansage hat mich seeeehr nachdenklich gemacht: Udo sagte beiläufig in einem Nebensatz – „lasst diesen Liedern Zeit – sie haben die Chance, sich toll zu entwickeln und Hits zu werden“ (ich gebe das mit meinen Worten wieder, Udos genaue Wortwahl habe ich nicht mehr im Kopf). Ich bin sicher: Udo hat Recht – Lieder wie „Gegen den Wind“ können Klassiker werden mit Hit-Potential – das bleibt abzuwarten. – Mir hat diese Äußerung aber durch die Blume zugeflüstert: „Lasst mich mit Euren Forderungen nach Ausgrabungen alter Lieder in Frieden – ich will die neuen Hits pushen“ – und das sehe ich sehr anders. Und dabei geht es definitiv nicht um „Hejo, Gin und Rum“ oder so – aber es gibt sooo viele unglaubliche großartige Lieder, die „schlummern“ und auch verdient hätten, live interpretiert zu werden wie „Musik war meine erste Liebe“, „Peace Now“ etc. – so ganz sollte Udo die alten Songs nicht schlecht reden.
Und drittens – kurz vor der Pause in Oberhausen – meine Co-Autorin Alexandra- äh, Michaela.. – da frag ich mich: Wer mag diese ominöse Alexandra sein? Doch nicht die von den „Illusionen“? -
Ein deutliches Indiz, warum das diesjährige Programm mir so gefällt, ist, dass ich nicht (wie bei der „Einfach ich“-Tour) auf einige aktuelle Lieder gern verzichtet hätte, sondern im Gegenteil schade finde, dass Lieder fehlen – ganz besonders vermisse ich das mir ans Herz gehende „Gute Reise durch das Leben“ – hoffentlich hat die „vergiss nicht AUF die Liebe“-Diskussion (ein Austriazismus? Man weiß es nicht!) Udo nicht den Spaß an diesem Lied vermasselt…
Eine letzte kleine Randnotiz noch vorab: Im Programmheft steht, dass Udo u. a. tatsächlich wohl „die Angst des Schützen vor’m Elfmeter“ auf dem Schirm hatte – ich danke dem Schicksal oder wem auch immer, dass das noch mal gut gegangen ist – puuuh…
Zum Programm:
Noch 3 Minuten
Der Traum vieler Fans ist tatsächlich wahr geworden: Eines der schönsten Konzert-Openings wurde reaktiviert und wunderbar dargeboten. Sehr emotional der Moment, wenn der Spot auf Udos Flügel gerichtet ist – und kurz darauf der Vorhang sich hebt – Gänsehaut pur! Kleiner Kritikpunkt einiger Fans: Irgendwie gehört zum Openig „Sag ihr, ich lass sie grüßen“ in instrumentaler Form – an den Big-Band-Sound muss ich zumindest mich erst gewöhnen – dennoch ist schon der Konzertbeginn ein echtes Konzert-Highlight.
Schenk mir einen Traum
Der Song ist ohnehin eines meiner Lieblingslieder der CD. Auch wenn ich persönlich dieses Lied mir gegen Konzertende als Partyknaller gewünscht hätte, weil ich dabei am liebsten lostanzen möchte, ist auch diese Position im Programm toll – mit dem zweiten Lied wird gleich das zweite echte Highlight präsentiert. Sensationell der großartige Big-Band-Sound des Pepe-Lienhard-Orchesters (, wobei mich irritiert hat, dass Udo bei beiden Konzerten nur das „Orchester“ hervorgehoben hat – und nicht etwa (wie von mir erwartet) das „Orchester Pepe Lienhard“. – Weiterhin finde ich die kleine Textänderung: „weil mich das SAUER macht“. Was mir gut gefällt: Der Song wird live noch schneller gespielt als in der CD-Version – mir gefällt’s!
Dafür brauch ich dich
Ein klassisches Udo-Liebeslied, bei dem nicht zum letzten Mal Billys „Chimes“ (Windspiel) das Ende einläutet – ein bißchen hab ich bei dem Song noch immer die Enttäuschung im Hinterkopf, dass Udo es bei „Wetten, dass…“ singen musste statt des „Wahnsinns“ und dann auch noch von Gottschalk verarscht wurde mit billigen Reimen der Marke „Dann besauf ich mich“ – aber da kann Udo nix zu.
Gegen den Wind
Abgesehen davon, dass ich mir manchmal wünschen würde, Udo würde das, was er in diesem Lied singt, selber auch leben, finde ich das Lied schon auf der CD sehr gelungen – nicht umsonst ist es ja auch ein kleiner Radio-Hit geworden (wie teuer ist eigentlich die Maxi-CD in Fankreisen?
). Der Text hat eine starke Aussage und wird musikalisch toll umgesetzt – auf Anhieb besonders in Erinnerung habe ich die tollen von Billy gespielten Percussions (ich weiß nicht, ob es eine Triangel ist, auf der Billy spielte – aber das Tempo, in dem er den Rhythmus spielte – wow… Respekt!). Bemerkenswert fand ich auch die Ansage in Oberhausen, die in Köln fehlte: Nicht der Rückenwind, sondern der Gegenwind helfen beim Abheben. Wie sehr würde ich mir wünschen, Udo würde sich das selber mal hinter die Ohren schreiben…
Die Frau, die ich nie traf
Auf der CD wirkt der Song für mich ein bisschen wie eine Fortsetzung von „Letzte Ausfahrt Richtung Liebe“ – in der Live-Version kommt die in dem Lied erklingende unerfüllte Sehnsucht nach etwas Unerreichbarem schon sehr authentisch – selbst dies Lied, das eigentlich nicht gerade mein Lieblingslied war, hat mich „live“ gepackt.
Du bist durchschaut
Als das Lied in Köln erklang, bekam ich erst einen Schrecken: Ups – ein Reggae-Song? Doch nicht „Die Sonne und Du“? Schreck lass nach! – Nein, Udo überrascht mit einem sehr witzigen Arrangements dieses CD-Highlights. Was mich wundert: Das Thema liegt Udo offensichtlich am Herzen. Das (in den Augen vieler Fans doch sehr merkwürdige) Focus-Interview spricht da Bände. Ich persönlich hatte bei dem Song erwartet, Udo würde es ausführlich ansagen und Seitenhiebe verteilen – aber vielleicht wirkt gerade, dass er das Lied für sich sprechen lässt. Wie gesagt – auch hier überzeugt mich das Arrangement.
Glut und Eis
Gleich das erste Lied aus der „Klassiker-Kiste“, Glut und Eis, hat Gänsehaut-Faktor. Udo schildert beeindruckend den Gegensatz zwischen „kalt und heiß“ – und den ständigen Kampf zwischen Vernunft/Verstand und Leidenschaft/Herz – ein spannendes Thema, wie ich finde – großartig umgesetzt mit dem glänzend aufgelegten Pepe-Lienhard-Orchester.