Vorhin war ich im Keller, Ihr wißt schon: Dort, wo die Weine stehen ... doch zuvor habe ich einen wahnsinnig tollen Abend in Oberhausen erlebt:
Für mich als Exil-Rheinländer begann der Abend besonders erfrischend. Auf die Frage, ob es denn „linksherum“ oder „rechtsherum“ in der „König-Pilsener-Arena“ das bessere Bier gäbe, antwortet die junge Dame vom Gästeservice: „In Köln“. Okay, das lasse ich gerne gelten (sorry, Düsseldorf)!
Gerne trifft man Bekannte wieder, und so seien von hier Lars, Susanne, Rainer, Stephan, Heike u. v. a. m. herzlich gegrüßt.
Der etwas verspätete Beginn tat der Stimmung keinen Abbruch, man hatte sich schon in der zu zwei Drittel verkauften Arena im (auch rhythmischen) Applaudieren geübt. Nach 30 Minuten Piano-Paintings, Udo Jürgens macht da quasi seine eigene Vorgruppe (vom Band), ging es dann los: „Noch drei Minuten ...“ - und schon nach zwei Minuten stehende Ovationen.
Bereits mit der ersten gesungenen Silbe war allen klar. Das wird kein guter Abend, das wird ein sehr guter Abend! (Wir erinnern uns an die von einem grippalen Infekt gezeichnete Tournee im Winter/Frühjahr 2012).
Udo Jürgens zeigte sich von der allerersten bis zu allerletzten Sekunde gut drauf, top-fit und fehlerfrei sowie bei bester Stimme, tragfähig und präzise. Er tänzelte leichtfüßig über die Bühne (besonders im zweiten Teil), als sei er gerade allenfalls 60 (und nicht 3 x 25 +3) geworden.
Es war ein Konzert der sogenannten „Wiederholungstournee“, und so gab es tatsächlich dasselbe Programm wie im Winter/Frühjahr 2012. UJ erzählte kurz und knapp das eine und das andere zwischen den Stücken. Die Violinsolistin wurde noch mitten in „Glut und Eis“ wortreich gelobt, bei „Der ganz normale Wahnsinn“ und „Mein Bruder ist ein Maler“ gab es ein paar neue, teils aktuellere Illustrationen zu sehen.
Offenbar wurde ein bißchen Arrangement von „Fly with me / Flieg mit mir“ geändert, denn diesmal klang es sehr passend in der Kombination von „The Voices“ mit „Fly with me“ und udo Jürgens' „Flieg mit mir“.
Scheinbar achtlos entgegen genommene Blumen kommentierte UJ dahingehend, daß „hinter jeder Blume ein Mensch“ stehe und er dies genau wisse, auch wenn der Konzertablauf nicht immer eine ausreichende Würdigung zuließe. Das „geklaute“ Einstecktuch wurde rasch durch ein neues ersetzt – eine Szene, bei der man sich nicht fragt, ob, sondern wann sie kommt. Davon abgesehen nahm UJ nach der Pause sehr oft die Gelegenheit war, am vordersten Bühnenrand zu agieren und Hände zu schütteln.
Am Ende der ersten Hälfte gab es unverändert die Filmmusik zu „Der Mann mit dem Fagott“. Mag man sich auch etwas Neues gewünscht haben, so muß man anerkennen, dass der Film gerade erst ein Jahr alt ist, mit dem gleichnamigen Buch UJ sehr persönlich sehr wichtig ist und zwischenzeitlich einige renommierte Preise erhielt sowie im MoMA New York gezeigt wurde. Also konnte man, im letzten Viertel unstrittig vom Orchester live musiziert, den Film noch einmal auf der Großbildleinwand hinterm Orchester Revue passieren lassen.
Nach der Pause durften sich einige glücklich schätzen, die Sitzplätze geändert zu haben, um so von dort an dem etwas früher als erwartet einsetzenden Bühnensturm teilhaben zu können. Wie immer, erfahren und gesittet vonstatten gegangen. Man kennt sich aus!
Die Stimmung dort war dann ganz hervorragend, nicht zuletzt, weil auch die Pepe-Lienhard-Band ihrer Spielfreude Ausdruck verlieh: Da gab es ungeplante Gesangseinlagen und spontane Choreographien, einen bestgelaunten Peter Lübke am Schlagwerk und selbst Oliver Keller meinte man, so etwas wie Spaß anmerken zu können (wer Gitarristen kennt, weiß, daß das introvertierte Wesen sind). Erfreulicherweise hatte zur zweiten Hälfte jemand das Mischpult verstellt – in die richtige Richtung (weniger Bässe, mehr Gesang).
Trotz „Wiederholung“ also keinerlei „Ermüdung“!
Beim Abschlußmedley im Bademantel gab es dann statt „Schenk mir noch eine Stunde“ (was zu schön gewesen wäre, nicht das Lied, sondern eine ganze Stunde mehr Udo Jürgens) noch einen Halben „Griechischen Wein“, was auch sehr bewegend war.
Mit „Merci Chérie“ und dem Versprechen „Wir sehen uns wieder“ im Anschluß an „Kommen Sie gut nach Hause und bleiben Sie gesund“ , jedoch ohne Bühnen-Autogramme und etwas insistierend vom „Gästeservice“ gedrängt, ging's dann irgendwann nach Hause. (Getränke- und Pommesstand vor der Arena hatten freundlicherweise in eine UJ-CD investiert, so daß man dort noch ein wenig „Nachsingen“ konnte.)
Warum der Michael-Wendler-Stern im Plaster vor der Arena mit Cola besudelt wurde, bleibt ein Rätsel, erschien aber angesichts
aktueller Vorkommnisse durchaus erklärbar.